Viren und kein Ende
Öffentlicher Vortrag von Nobelpreisträger Harald zur Hausen im Deutschen Krebsforschungszentrum
Für die Entdeckung, dass Humane Papillomviren Gebärmutterhalskrebs auslösen, erhielt Professor Harald zur Hausen im Jahr 2008 den Nobelpreis für Medizin. Dass er damit keineswegs das Ende seiner Forschertätigkeit erreicht hat, beweist der 74-jährige Emeritus bei seinem beinahe täglichen Gang ins Labor: Nach wie vor ist zur Hausen den Viren als Krebserreger auf der Spur, er vermutet ihre Beteiligung unter anderem bei bestimmten Blutkrebsarten. „Möglicherweise spielen die Viren bei noch wesentlich mehr Krebsarten eine Rolle“, spekuliert der Virologe, „ich bin fest davon überzeugt, dass uns noch so manche Überraschung ins Haus steht.“
Nach heutigem Kenntnisstand sind etwa 21 Prozent aller Krebserkrankungen weltweit durch Infektionen bedingt. So verursachen Hepatitis-Viren vor allem in Asien und Afrika Leberkrebs, Epstein-Barr-Viren sind verantwortlich für eine Reihe von Tumoren des blutbildenden Systems, das humane Herpesvirus Typ 8 für das Kaposi-Sarkom, das häufig im Zusammenhang mit AIDS auftritt. Die zahlreichen Papillomvirus-Typen lösen keineswegs nur den Gebärmutterhalskrebs aus, sondern spielen auch eine Rolle bei Krebserkrankungen im Genital- sowie im Kopf-Halsbereich. Das Bakterium Helicobacter pylori führt in vielen Fällen zu Magenkrebs und selbst Parasiten wie der Pärchenegel Schistosoma können bei dauerhaftem Befall zu Blasenkrebs führen.
Die Kenntnis von Infektionen als Krebserreger hat bedeutsame klinische Konsequenzen: Mit Hepatitis B- und Papillomvirus-Impfstoffen ist es erstmals möglich, spezifisch bestimmten Krebserkrankungen vorzubeugen, der Einsatz von Antibiotika gegen Helicobacter verhindert in den meisten Fällen effektiv die Krebsentstehung. Darüber hinaus beeinflussen die Erkenntnisse auch die Krebsdiagnostik: So kann die Abstrichuntersuchung des Gebärmutterhalses, der so genannte „Pap-Test“, heute durch den molekularbiologischen Nachweis von Papillomviren ergänzt und verbessert werden.
Harald zur Hausens Vortrag bildet den Auftakt einer Reihe von Vorträgen von Nobelpreisträgern im Deutschen Krebsforschungszentrum. Der Vortrag beginnt am Mittwoch, den 15.12.2010 um 17 Uhr im Hörsaal des Kommunikationszentrums des DKFZ. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
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