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Fettsäure verbessert Krebsmedikament

Nr. 24 | 06.05.2010 | von (Koh)

Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckten, dass sich die Bioverfügbarkeit und das Wirkspektrum des Blutkrebs-Medikaments Azacytidin verbessern, wenn der Wirkstoff an eine Fettsäure gekoppelt wird.

Am Computer errechnete Darstellung des Enzyms Methyltransferase
© dkfz.de

Chemische Veränderungen am Erbgut, so genannte epigenetische Modifikationen, regulieren die Aktivität vieler Gene. So werden durch Anheften von Methylgruppen an die DNA häufig wichtige Wachstumsbremsen der Zellen inaktiviert. Dieser als Methylierung bezeichnete Vorgang gilt daher als zentrale Ursache für die unkontrollierte Teilung von Krebszellen. Verantwortlich dafür sind bestimmte Enzyme, die DNA-Methyltransferasen.

Im Gegensatz zu Veränderungen am Bauplan des Erbguts können epigenetische Mutationen rückgängig gemacht und damit die Krebszelle wieder in den „Normalzustand“ zurückversetzt werden. Substanzen, die diese Rückprogrammierung bewirken, sind bereits als Krebsmedikamente im Einsatz, z.B. Azacytidin und Decitabin bei einer bestimmten Blutkrebsform, der akuten myeloischen Leukämie. Beide Substanzen werden von der Zelle ins Erbgut eingebaut und wirken dort wie eine Falle für die Methyltransferasen: Sie bilden feste chemische Bindungen mit dem Enzym und fangen dadurch die Methyltransferasen nach und nach ein, so dass keine Gene mehr stillgelegt werden.

Wissenschaftler aus der Gruppe von Professor Frank Lyko im Deutschen Krebsforschungszentrum suchten nach Azacytidin-Varianten mit verbesserter Wirksamkeit. Denn das Medikament bleibt bei vielen Krebserkrankungen wirkungslos, obwohl nachgewiesenermaßen Tumorbremsen durch Methylierung außer Kraft gesetzt sind. Die Forscher vermuten als Grund für diese Therapieresistenz, dass häufig nicht genügend Wirkstoff ins Zellinnere gelangt, da den Krebszellen bestimmte Transportermoleküle in der Zellmembran fehlen.

Das norwegische Unternehmen Clavis Pharma produzierte die Azacytidin-Varianten mit modifizierten chemischen Eigenschaften. Unter den untersuchten Substanzen erwies sich CP-4200, ein Kopplungsprodukt aus Azacytidin und einer Fettsäure (Elaidinsäure), als besonders erfolgreich. Werden Krebszellen in der Kulturschale mit CP-4200 behandelt, verringert sich die Menge an Methyltransferase-Molekülen im Zellinneren. Gleichzeitig verschwinden die Methylreste am Erbgut der Krebszellen und stillgelegte Tumorbremsen werden wieder reaktiviert. Die Fettsäure, so vermuten die Forscher, ermöglicht auch Zellen, die keine speziellen Transportproteine haben, CP-4200 aufzunehmen. Möglicherweise gelangt der Wirkstoff direkt durch die Membran ins Zellinnere.

Die Wirksamkeit von Azacytidin war bislang ausschließlich bei der akuten myeloischen Leukämie belegt. Um herauszufinden, ob CP-4200 ein verbessertes Wirkspektrum aufweist, verglichen die Forscher beide Wirkstoffe an Mäusen mit einer anderen Form von Blutkrebs, der akuten lymphatischen Leukämie. In allen geprüften Behandlungsansätzen war die Wirkung von CP-4200 der von Azacytidin überlegen. „Die Kopplung an Elaidinsäure verbessert die Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs, ohne seine epigenetische Wirkung zu beeinträchtigen“, erklärt Projektleiter Frank Lyko. „Wir sehen daher Chancen, mit dem neuen Medikament in Zukunft bei weitaus mehr Krebserkrankungen die Methylierung rückgängig machen und damit das Tumorwachstum aufhalten zu können.“

Ein Foto zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter:
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2010/images/E3_Methyltransferase.jpg

Bildunterschrift: Am Computer errechnete Darstellung des Enzyms Methyltransferase
Bildquelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

Bodo Brueckner, Maria Rius, Maria Rivera Markelova, Iduna Fichtner, Petter-Arnt Hals, Marit Liland Sandvold und Frank Lyko: Delivery of azacytidine to human cancer cells by elaidic acid esterification increases therapeutic drug efficacy. Molecular Cancer Therapeutics, 2010, DOI: 10.1158/1535-7163.MCT-09-1202

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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