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Darmspiegelung verhindert 15.000 Krebsfälle - Ergebnis bestätigt Ziele des Darmkrebsmonats März

Nr. 16 | 20.03.2009 | von (Koh)

Nach der flächendeckenden Einführung der Darmspiegelung in das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm im Jahr 2002 veröffentlichen Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums jetzt die erste evidenzbasierte Auswertung.

Seit 2002 bieten die Krankenkassen allen Versicherten ab dem 55. Lebensjahr eine kostenlose endoskopische Untersuchung des Dickdarms (Koloskopie) an. Deutschland war damit das erste Land, das auf nationaler Ebene das endoskopische Screening auf Darmkrebs in das gesetzliche Krebsvorsorgeprogramm aufnahm.

Wissenschaftler um Professor Hermann Brenner im Deutschen Krebsforschungszentrum veröffentlichten nun eine erste Berechnung der Anzahl von Darmkrebsfällen, die zwischen 2003 und 2010 durch die Vorsorge-Koloskopie vermieden werden. Die Ergebnisse sollen als Entscheidungsgrundlage für eine evidenzbasierte Bewertung des Programms dienen. Darüber hinaus ist es auch für jeden einzelnen Teilnehmer wichtig zu wissen, welchen Nutzen ihm die Untersuchung bringt, die viele zu Unrecht als unangenehm fürchten.

Die Forscher werteten alle 1,8 Millionen Koloskopien aus, die bisher im Rahmen des Programms durchgeführt wurden. Als Berechnungsgrundlage diente ihnen die Anzahl der entdeckten und entfernten fortgeschrittenen Krebsvorstufen (Adenome), die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Krebs übergehen. Die Epidemiologen kamen zu dem Ergebnis, dass Teilnahme an der Screening-Koloskopie bis zum Jahr 2010 etwa 15.000 Fälle von Darmkrebs verhindern wird.

In Deutschland erkranken jedes Jahr um die 73.000 Menschen an Darmkrebs, etwa 40 Prozent der Erkrankten versterben innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Diagnose - in den darauffolgenden Jahren erliegt noch ein weiterer Teil der Patienten der Erkrankung. Daher gehen die Wissenschaftler um Brenner davon aus, dass das Koloskopieprogramm allein durch die Entfernung der Krebsvorstufen zwischen 2003 und 2010 um die 7500 Menschenleben rettet. Außerdem werden bei der Koloskopie bereits bestehende Krebserkrankungen zumeist in einem frühen, noch heilbaren Stadium entdeckt, so dass das Vorsorgeprogramm dadurch noch weitere Todesfälle verhindert.

Den Ergebnissen liegt eine komplizierte Berechnung zugrunde: Die Anzahl der entdeckten fortgeschrittenen Adenome muss mit der Wahrscheinlichkeit verrechnet werden, mit der sich diese Krebsvorstufen innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu Krebs entwickeln. Außerdem berücksichtigt die Kalkulation weitere Faktoren, so etwa den Anteil der Screeningteilnehmer, die an anderen Ursachen versterben, bevor eine Krebserkrankung auftritt, oder die Teilnahmerate in den jeweiligen Altersgruppen.

Die Forscher berechneten die Anzahl der vermiedenen Krebsfälle für jedes Jahr einzeln und kumulierten die Werte. Obwohl der Anteil an entdeckten fortgeschrittenen Adenomen über die Jahre in etwa konstant bleibt, steigt die Rate an verhinderten Krebsfällen jährlich an, da sich viele der Adenome erst mehrere Jahre nach ihrer Entdeckung und Entfernung zu Krebs entwickelt hätten.

Die jährliche Teilnahmerate am Koloskopie-Screening bleibt seit 2003 mit rund 4 Prozent der anspruchsberechtigten Frauen und 3 Prozent der Männer in etwa konstant. Teilnehmern ohne auffälligen Befund wird nach zehn Jahren eine zweite kostenfreie Untersuchung angeboten. Hochgerechnet auf die zehn Jahre zwischen erster und zweiter Screeningkoloskopie liegt die Teilnahmerate bei Menschen unter 70 Jahren insgesamt also bei 40 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer. „Das ist gar nicht so schlecht für den Anfang,“ erklärt Hermann Brenner, „wenn es uns aber gelänge, noch mehr Menschen zur Früherkennung zu motivieren – etwa durch persönliche Einladungen zu fälligen Untersuchungsterminen – könnten noch weitaus mehr Krebsfälle vermieden werden.“

Hermann Brenner, Michael Hoffmeister, Gerhard Brenner, Lutz Altenhofen, Ulrike Haug: Expected reduction of colorectal cancer incidence within 8 years after introduction of the German screening colonoscopy programme: Estimates based on 1,875,708 screening colonoscopies. European Journal of Cancer (2009), DOI: 10.1016/j.ejca.2009.02.017

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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