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MicroRNA schaltet Tumorschutz aus

Nr. 73 | 27.11.2007 | von MF/Koh)

Die MicroRNA miR-21 unterdrückt die Herstellung des Tumorsuppressors Pdcd4, der Zellen vor der Krebsentwicklung schützt. Pdcd4 fehlt besonders in Darmkrebszellen, wie Forscher im DKFZ jetzt herausfanden. Dagegen ist miR-21 in diesen Zellen übermäßig vorhanden und fördert die Ausbreitung bösartiger Tumoren im Darm.

Die Entdeckung der MicroRNAs liegt noch nicht lange zurück. Erst seit einigen Jahren weiß man, wie die kleinen Moleküle - kurze Abschriften der Erbsubstanz DNA - das Leben in einer Zelle mitbestimmen: Sie heften sich an andere DNA-Abschriften, die zum Aufbau von Proteinen benötigt werden. Durch das Anheften der MicroRNA werden diese Bauanleitungen blockiert oder sogar abgebaut, noch bevor sie zur Proteinproduktion verwendet werden können. Auf diese Weise kontrolliert die Zelle Art und Menge der hergestellten Proteine.

Ist diese natürliche Selbstkontrolle der Zelle zu aktiv, kann sie auch Schaden anrichten, indem sie die Produktion nützlicher Proteine blockiert. Genau das passiert in Darmkrebszellen mit dem Protein Pdcd4, wie eine aktuelle Studie der Klinischen Kooperationseinheit "Molekulare Onkologie solider Tumoren" des Deutschen Krebsforschungszentrums belegt. Pdcd4 ist ein so genannter Tumorsuppressor: Er bewahrt Zellen vor der Entartung zu Krebszellen. Wenn die Substanz aus der Zelle verschwindet, steigt das Krebsrisiko. Die Wissenschaftler um Professor Dr. Heike Allgayer fanden heraus, dass die MicroRNA miR-21 in Darmkrebszellen die Herstellung von Pdcd4 unterdrückt.

Bei der Untersuchung von zehn verschiedenen Typen von Darmkrebszellen fand das Team: Je mehr miR-21 die Zellen enthielten, desto weniger Pdcd4 produzierten sie. Wenn die Forscher einen Teil der vorhandenen miR-21 ausschalteten, stieg die Konzentration an Pdcd4 in den Zellen an. Gleichzeitig gingen auch die krebstypischen Eigenschaften der Zellen zurück, wenn mehr Tumorschutz-Protein vorhanden war: Die Fähigkeit zu invasivem Wachstum war deutlich verringert, und die Zellen bildeten in natürlichem Gewebe weniger Metastasen. Behandelten die Forscher die Zellen dagegen mit zusätzlicher miR-21, waren die Effekte genau umgekehrt.

Es gelang den Forschern auch, den Angriffspunkt für miR-21 auf der Bauanleitung des Pdcd4-Proteins zu identifizieren. Dazu wurde der entsprechende Bereich des Pdcd4-Gens in ein künstliches Gen-Konstrukt eingebaut. Dieses Gen-Konstrukt war umso aktiver, je weniger miR-21 vorhanden war. Nach einer kleinen genetischen Veränderung am Angriffspunkt hatte miR-21 dagegen keinen Einfluss mehr.

Irfan Asangani, Kabeer Rasheed, Dessislava Nikolova, Joerg Leupold, Nancy Colburn, Stefan Post, Heike Allgayer: MicroRNA-21 (miR-21) post-transcriptionally downregulates tumor suppressor Pdcd4 and stimulates invasion, intravasation and metastasis in colorectal cancer. Oncogene 2007. DOI: 10.1038/sj.onc.1210856

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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