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Darmkrebsfrüherkennung: Start der Screening-Programme bei Männern und Frauen im gleichen Alter ist zu überdenken

Nr. 17 | 12.03.2007 | von (Koh)

Es besteht kein Zweifel: Eine Darmspiegelung (Koloskopie) kann Leben retten. Mit dieser Untersuchung lassen sich Polypen, die Vorstufen von Dickdarmkrebs, sicher erkennen und entfernen. Für alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland werden die Kosten für eine Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr übernommen. Mindestens zehn Jahre nach der Erstuntersuchung besteht ein Anspruch auf eine zweite Darmspiegelung. Dies gilt, sofern kein familiär erhöhtes Risiko bekannt ist, für alle - Männer wie Frauen. Neueste Daten aus der Abteilung Klinische Epidemiologie und Alternsforschung im Deutschen Krebsforschungszentrum werfen nun Zweifel auf, ob in diesem Fall die pauschale Gleichbehandlung von Männern und Frauen wirklich sinnvoll ist.

Anhand von US-amerikanischen Daten prüften Wissenschaftler um Professor Dr. Hermann Brenner die Darmkrebs-Neuerkrankungsrate beider Geschlechter in verschiedenen Lebensjahrzehnten: So erkranken 0,8 Prozent aller Männern in den zehn Jahren nach ihrem 50. Geburtstag an Darmkrebs, im Jahrzehnt nach dem 55. sind es bereits 1,2 Prozent, im Jahrzehnt nach dem 60. Geburtstag 1,9 Prozent. Die Frauen erreichten vergleichbare Neuerkrankungsraten dagegen erst mit 54, 60 bzw. 66 Jahren.

Ähnliche Verhältnisse ergaben sich, als die Epidemiologen die Sterblichkeitsraten in den USA unter die Lupe nahmen: So verstarben in den zehn Jahren nach ihrem 50. Geburtstag 0,23 Prozent der Männer an Darmkrebs, im Jahrzehnt nach dem 55. waren es 0,39 Prozent und in dem Jahrzehnt nach dem 60. Geburtstag bereits 0,63 Prozent. Wiederum erreichten Frauen diese Sterblichkeitsraten erst in den Jahrzehnten nach ihrem 54., 60. bzw. 66. Geburtstag, also wieder vier, fünf und sechs Jahre später.

Um zu prüfen, ob es sich hier um ein rein amerikanisches Phänomen handelt, berechneten die Epidemiologen die Darmkrebs-Sterblichkeit für die drei Lebensjahrzehnte in elf Ländern rund um den Globus. Es bestätigte sich auch international, dass Frauen erst fünf, sechs bzw. sieben Jahre später die Sterblichkeitsraten der männlichen Bevölkerung erreichen.

"Diese Ergebnisse sprechen sehr dafür, Darmkrebs-Screeningprogramme bei Männern und Frauen in unterschiedlichem Alter zu starten. Denkbar wäre, das Screeningalter der Männer vorzuverlegen, bei Frauen erst später zu starten oder eine Kombination beider Möglichkeiten", erläutert Hermann Brenner.
Schätzungen gehen heute von mehr als einer Million Darmkrebs-Neuerkrankungen und rund 500.000 Darmkrebs-bedingten Todesfällen aus. Damit ist Darmkrebs weltweit die dritthäufigste Krebserkrankung, bei den Krebstodesursachen liegt er an vierter Stelle. In Deutschland ist Darmkrebs mittlerweile für beide Geschlechter die zweithäufigste Krebslokalisation. Rund 70.000 Menschen erkranken jährlich daran.

Hermann Brenner, Michael Hoffmeister, Volker Arndt und Ulrike Haug: Gender differences in the epidemiology of colorectal cancer: implications for age at initiation of screening. British Journal of Cancer, 2007, 96, 828-831. doi:10.1038/sj.bjc.6603628

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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