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Evi macht der Fliege Flügel

Neu entdecktes Protein startet zentralen Signalweg der Zelle

Nr. 44 | 30.05.2006 | von (Koh)

Wichtige Schritte bei der Embryonalentwicklung aller Organismen werden über den Wnt-Signalweg gesteuert. Fehlsteuerungen dieses molekularen Kommunikationswegs tragen auch zur Tumorentstehung bei. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckten ein neues Protein - Evi - , das für die Wnt-Ausschüttung und damit für den Start der Signalkaskade notwendig ist.

Alle wichtigen Körperfunktionen werden durch hochkomplexe Signalketten gesteuert, die Zellen Befehle zum Wachstumsstopp, zur Zellteilung oder zur Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben geben. Die Evolution hat viele dieser Signalketten mit ihren Molekülen von der Fliege bis zum Menschen beibehalten – sie sind hoch konserviert, wie Biologen es ausdrücken. Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Dr. Michael Boutros zeigten nun, dass das Protein Evi ("evenness interrupted") notwendig ist, um Wnt-Wachstumsfaktoren aus der Zelle zu entlassen.

Viele der Rezeptormoleküle, die in der Empfängerzelle das Wnt-Signal empfangen oder weiterleiten, sind bekannt. Jedoch ist noch wenig erforscht, wie die Wnt-Produktion und -Ausschüttung reguliert werden. Evi ist ein neu entdecktes Transmembranprotein, das selektiv die Ausschüttung von Wnt bewirkt, auf die Sekretion anderer Proteine aber keinen Einfluss hat. Die Wissenschaftler hatten zuvor mit Hilfe der RNA-Interferenz rund 2300 verschiedene Transmembranproteine einzeln ausgeschaltet und anschließend geprüft, welchen Einfluss der Verlust dieser Proteine auf die Wnt-Signalkaskade hat.

Der Wnt-Signalweg steuert bei der Embryonalentwicklung aller mehrzelligen Organismen die Ausbildung von Körperachsen und Extremitäten. Bei der Taufliege Drosophila heißt das Homolog zu Wnt der Wirbeltiere "Wingless" (Wg), da Mutationen in diesem Gen zu flügellosen Fliegen führen. Die Entwicklung der Flügel ist daher ein geeignetes System, um die Aktivität des Wnt-Signalwegs zu untersuchen. Bei Fliegenembryonen, in denen die Evi-Produktion ausgeschaltet war, wurden die Empfängermoleküle der Wg-Kaskade nicht aktiviert, die Entwicklung der Flügel war beeinträchtigt. Wird in menschlichen Zellen das Homolog zu Evi ausgeschaltet, kommt es ebenfalls nicht mehr zur Aktivierung der nachgeschalteten Stationen des Wnt-Signalwegs. Die Wissenschaftler sehen daher in Evi einen weiteren Kontrollmechanismus, um diese zentrale Signalkaskade auch auf Ebene der Wnt-produzierenden Zelle zu regulieren.

Auch für die Krebsforschung ist die präzise Aufklärung des Wnt-Signalwegs bedeutend, um möglicherweise einmal mit modernen Therapeutika gezielt in die gestörten Kommunikationswege von Tumorzellen eingreifen zu können.
Secretion of Wnt Ligands Requires Evi, a Conserved Transmembrane Protein. Kerstin Bartscherer, Nadège Pelte, Dierk Ingelfinger und Michael Boutros, Cell Band 125, Seite 523, 2006

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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