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Neuer Wirkstoff programmiert Tumorzellen um

Nr. 36 | 14.07.2005 | von (Koh)

Tumorzellen legen häufig wachstumshemmende Gene still, indem sie bestimmte Bausteine der DNA chemisch markieren. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum synthetisieren einen Wirkstoff, der diese Veränderungen rückgängig macht.

Die Ausprägung von Genen kann auf verschiedenen Ebenen gesteuert werden. Bei einer Variante, der die Wissenschaft in den letzten Jahren große Beachtung schenkt, werden kleine Kohlenwasserstoffverbindungen, so genannte Methylgruppen, an die Cytosin-Bausteine der DNA gekoppelt. Diese Methylierung legt Gene still oder drosselt zumindest ihre Aktivität.

In Krebszellen sind häufig diejenigen Gene durch Methylierung inaktiviert, die die Zelle vor unkontrolliertem Wachstum schützen sollen, so genannte Tumorsuppressor-Gene. Ein Ziel der Krebsforscher war daher, die übermäßige Methylierung zu unterbinden. Dabei konzentrierten sie sich auf die Methyltransferasen, Enzyme, die für die Übertragung der Methylgruppen zuständig sind. Durch computergestützte Modellierung konnten Wissenschaftler um Dr. Frank Lyko im Deutschen Krebsforschungszentrum Methyltransferasen dreidimensional darstellen und anhand dieser Modelle die Struktur für einen exakt passenden Hemmstoff ableiten.

Der Inhibitor, getauft RG108, hemmt bei Untersuchungen in der Kulturschale tatsächlich die Aktivität der Methyltransferasen in verschiedenen Krebszellen. Bei einer Darmkrebs-Zelllinie verlangsamte die RG108-Behandlung deutlich die Rate der Zellteilung. Die Wissenschaftler zeigten, dass sich der Methylierungsgrad von verschiedenen Tumorsuppressor-Genen verringerte und die schützenden Gene dadurch reaktiviert wurden. Andere Bereiche der DNA, deren Methylierungsmuster als wichtig für die Stabilität der Chromosomen gilt, waren dagegen nicht von der Wirkung des RG108 betroffen.

„RG108 ist erfreulicherweise kaum giftig – ganz im Gegensatz zu anderen bisher verfügbaren Hemmstoffen der Methyltransferasen“ erläutert Frank Lyko. „Wir haben damit eine Substanz in der Hand, die das Potenzial hat, zum Ausgangspunkt für die Entwicklung einer ganz neuen Klasse von Krebsmedikamenten zu werden“.

Bodo Brueckner, Regine Garcia Boy, Pawel Siedlecki, Tanja Musch, H. Christian Kliem, Piotr Zielenkiewicz, Sandor Suhai, Manfred Wiessler und Frank Lyko: Epigenetic Reactivation of Tumor Suppressor Genes by a Novel Small-Molecule Inhibitor of Human DNA Methyltransferases. Cancer Research, 15. Juli 2005

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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