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Den Schutzwall des Tumors knacken

Erkenntnisse zur Regulation der Immunabwehr bieten neue Therapiemöglichkeiten

Nr. 30 | 22.06.2005 | von (BS/And)

T-Zellen, die eine regulierende Funktion im Immunsystem haben, sprechen anders auf Apoptoseauslöser an als T-Zellen, die die eigentliche Abwehrreaktion ausmachen (Effektor-T-Zellen). Dies zeigte Dr. Benedikt Fritzsching in Zusammenarbeit mit Kollegen im Deutschen Krebsforschungszentrum und weiteren Partnern von der Universität Heidelberg jetzt erstmals in Untersuchungen* an menschlichen T-Zellen. Die Erkenntnisse bieten möglicherweise neue Ansatzpunkte für die Therapie von Krebs und Autoimmunerkrankungen.

Regulatorische T-Zellen hemmen die Wirkung anderer Lymphozyten und steuern damit die Stärke einer Abwehrreaktion. Ein Überschuss an Effektor-T-Zellen führt bei Mäusen zu Autoimmunerkrankungen, während ein Übermaß an regulatorischen T-Zellen die Entstehung von Krebs begünstigt: Die regulatorischen T-Zellen unterdrücken die Effektor-T-Zellen und unterbinden die körpereigene Bekämpfung von Tumoren. „Die regulatorischen Zellen bilden regelrecht einen Schutzwall um die Krebszellen. Wenn wir sie selektiv zerstören, können wir damit dem Krebs besser zu Leibe rücken“, so Fritzsching. Diesem therapeutischen Ansatz sind die Heidelberger Wissenschaftler ein gutes Stück näher gekommen: Sie wiesen jetzt in Zellkulturen nach, dass der programmierte Zelltod, die Apoptose, in frisch isolierten menschlichen regulatorischen T-Zellen durch die Bindung des CD95-Liganden an das CD95-Protein auf der Oberfläche der Zellen ausgelöst werden kann. Dagegen reagieren ruhende Effektor-Abwehrzellen erst nach der wiederholten Stimulierung des T-Zell-Rezeptors, der für die Erkennung ihres spezifischen Antigens zuständig ist, mit dem Selbstmordprogramm. Diese Art der Stimulierung bleibt in den regulatorischen Immunzellen dagegen folgenlos. „Die unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber CD95-Liganden-induzierter Apoptose lässt sich möglicherweise in der Therapie nutzen. Sie gibt uns nun eine Möglichkeit, die regulatorischen T-Zellen in den Selbstmord zu treiben und damit ihre hemmende Wirkung auf die Effektor-T-Zellen zu reduzieren. Diese können so die Abwehrreaktion gegen den Krebs besser auslösen“, fasst Fritzsching die Ergebnisse zusammen.

„Wir haben jetzt das Konzept für eine neue Waffe in der Hand, die wir gegen Krebszellen ausprobieren können“, wagt der Forscher einen Blick in die Zukunft. An Mäusen wird demnächst untersucht, ob die Behandlung mit CD95-Liganden-Proteinen die regulatorischen Abwehrzellen auch im intakten Organismus in den Selbstmord treibt und damit den Schutzwall um den Tumor zu zerstören vermag. Ferner richten die Wissenschaftler ihren Blick auf Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Professor Brigitte Wildemann in der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg wiesen sie kürzlich nach, dass bei Patienten mit Multipler Sklerose die regulatorischen T-Zellen eine Störung aufweisen, die ihre Fähigkeit, Abwehrzellen gegen körpereigene Strukturen zu hemmen, deutlich verringert.

* Benedikt Fritzsching, Nina Oberle, Nadine Eberhardt, Sabine Quick, Jürgen Haas, Brigitte Wildemann, Peter H. Krammer, and Elisabeth Suri-Payer: “Cutting Edge: In contrast to effector T cells CD4+CD25+FoxP3+ regulatory T cells are highly susceptible to CD95 ligand- but not to TCR-mediated cell death”. Journal of Immunology, Vol. 175, No. 1, pp 32–36 July, 1, 2005.



Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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