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Die Antwort der Gene sichtbar gemacht

Nr. 32 | 07.07.2004 | von (Koh)

Was genau passiert, wenn ein Signalmolekül auf der Zelloberfläche andockt? Ein Forscherteam unter der Leitung von Privatdozent Dr. Dr. Peter E. Huber vom Deutschen Krebsforschungszentrum machte die komplexen zellulären Reaktionen, die eine solche Bindung auslöst, zum ersten Mal auf Ebene der Gene sichtbar.

Die Wissenschaftler wählten für ihre Untersuchungen ein gut bekanntes Molekül: Das körpereigene Protein Endostatin hemmt die so genannten Endothelzellen, neue Blutgefäße auszubilden (Angiogenese). Tumoren sind ab einer Größe von ein bis zwei Millimetern auf Versorgung über die Blutbahn angewiesen. Unter Endostatinbehandlung stellen sie ihr Wachstum ein und bilden sich sogar zurück, wie 1998 an Mäusen gezeigt werden konnte.

Mit einem DNS-Chip, der rund 90 Prozent des menschlichen Erbguts repräsentiert, untersuchten die Forscher, welche Gene der Endothelzellen unter Einfluss von Endostatin ruhig gestellt oder aber aktiviert werden. Dabei stellte sich heraus, dass das Signalmolekül massiv in den Stoffwechsel der Zelle eingreift: Bei erstaunlichen 12 Prozent der untersuchten Gene kam es zu einer signifikanten Änderung der Expression. Dabei handelt es sich nicht um Zufallsbefunde: Eine detaillierte Auswertung des Ergebnisses auf Gen- und Proteinebene zeigte, dass den Aktivitätsänderungen ein sinnvolles Schema zugrunde liegt. Gene mit bekannter angiogenesefördernder Wirkung wurden gedrosselt, solche, die die Blutversorgung hemmen, wurden aktiviert.

„Uns ist hier zum ersten Mal ein „Schnappschuss“ gelungen, der die Antwort der Gene auf ein Signalmolekül dokumentiert. Dabei konnten wir gleichzeitig Gene identifizieren, die im Zusammenhang mit der Angiogenese bisher nicht bekannt waren und die möglicherweise Angriffspunkte für innovative Tumormedikamente sind“, kommentiert Peter Huber das Ergebnis.
Tumorzellen veranlassen Blutgefäße aktiv dazu, in den Krebsherd einzusprossen. Diesen Versorgungsweg zu blockieren, gilt seit den neunziger Jahren als vielversprechendes Behandlungskonzept. Ein erstes Medikament (Avastin), das nach diesem Prinzip wirkt, wurde kürzlich in den USA gegen Darmkrebs zugelassen. Der Vorteil der Methode: Anders als andere Krebsmedikamente wirken Angiogenesehemmer nicht auf die genetisch instabilen Tumorzellen, sondern auf gesunde, genetisch stabile Endothelzellen. Dadurch wird, so hoffen die Wissenschaftler, die Resistenzentwicklung verzögert, die oft die Wirkung klassischer Chemoherapeutika einschränkt.

Amir Abdollahi, Philip Hahnfeldt, Christian Maercker, Herman-Josef Gröne, Juergen Debus, Wilhelm Ansorge, Judah Folkman, Lynn Hlatky, and Peter E. Huber: Endostatin’s Antiangiogenic Signaling Network. Molecular Cell, Vol. 13, Seite 649, 2004

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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