Der Rapamycin-Wirkung auf der Spur
Rapamycin ist ein neuartiges Medikament, das zur Verhinderung der Organabstoßung bei Patienten nach Nierentransplantation eingesetzt wird. Es unterdrückt Immunantworten, wirkt stark zellabtötend und ist damit auch für andere Einsatzgebiete wie Krebs, Autoimmunerkrankungen und Diabetes mellitus eine hochinteressante Substanz. Eine aktuelle Publikation aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum trägt wesentlich zum Verständnis der Wirkung bei.
Seinen Namen verdankt der Eiweißstoff den Osterinseln, die in der Sprache der Einheimischen Rapa Nui genannt werden. Rapamycin wurde ursprünglich aus Strepotomyces-Bakterien in Bodenproben dieser Inseln isoliert.
Aufgrund zahlreicher Eigenschaften widmen Pharmaunternehmen der Substanz derzeit große Aufmerksamkeit. Rapamycin hemmt T-Lymphozyten und dendritische Zellen und kann daher Immunantworten bereits in der Anfangsphase unterdrücken. Darüber hinaus bremst es das Zellwachstum und tötet Zellen ab, was weitere Anwendungen in der Krebstherapie eröffnet.
Den wachstumshemmenden Effekt von Rapamycin macht man sich übrigens bereits heute in der Beschichtung von Stents zunutze, die zum Offenhalten verengter Herzkranzgefäße eingesetzt werden. Rapamycin (unter dem Parallelnamen Sirolimus) führt dazu, dass die kleinen Gitterröhrchen nicht durch erneutes Zellwachstum wieder verschlossen werden.
Wie Rapamycin seine starke immunsuppressive und zellabtötende Wirkung im Einzelnen entfaltet, war bisher unklar. Man wusste lediglich, dass die Substanz die Herstellung von Eiweißen in Zellen hemmt. Die Arbeitsgruppe um Professor Ingrid Grummt aus der Abteilung Molekularbiologie der Zelle II im Deutschen Krebsforschungszentrum hat nun entdeckt, warum das so ist: Rapamycin blockiert die Produktion von Ribosomen. Diese molekularen Maschinen benötigt die Zelle, um damit ihre Eiweiße zu fabrizieren. Über einen Zwischenschritt hemmt Rapamycin ein Protein, das die Bereitstellung eines wichtigen Bauteils für die Ribosomen regelt. Ist das Protein lahm gelegt, fehlt es an Nachschub für die Herstellung der Ribosomen. Damit kommt auch die Synthese der Eiweiße zum Erliegen. Da schnell wachsende Gewebe wie z. B. Tumoren einen besonders hohen Bedarf an Ribosomen haben, werden sie durch Rapamycin auch besonders getroffen.
Besonders viel versprechend erscheint Rapamycin auch aus einem weiteren Grund: Es ist die einzige bekannte Wirksubstanz, deren direktes Angriffsziel ein einzelnes Enzym ist. Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen, die neben dem gewünschten Effekt auch Nebenwirkungen verursachen, könnte sich Rapamycin deshalb als Präzisionswaffe gegen schnell wachsende Zellen erweisen. Auf die Osterinseln müssen die Forscher übrigens schon lange nicht mehr: Die Bodenbakterien, die das verheißungsvolle Zellgift produzieren, lassen sich problemlos im Labor halten.
Christine Mayer, Jian Zhao, Xuejun Yuan, and Ingrid Grummt: mTOR-dependent activation of the transcription factor TIF-IA links rRNA synthesis to nutrient availablitiy. Genes & Development, 15. Feb. 2004, Bd. 18 (4): 423-34
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