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In Teamarbeit zur Erbkrankheit

Veränderungen im NEMO-Gen sind verantwortlich für die Erbkrankheit Incontinentia pigmenti

Nr. 23 | 23.05.2000 | von (Koh/Spos)

Einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA ist die Identifizierung des Gens gelungen, das bei der Erbkrankheit Incontinentia pigmenti (IP) verändert ist. Den deutschen Beitrag an der Entdeckung leisteten Molekularbiologen aus der Abteilung Molekulare Genomanalyse des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg unter Leitung von Professor Annemarie Poustka. Die Wissenschaftler berichten in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature*, wie das bei der Krankheit veränderte Gen auf dem weiblichen Geschlechtschromosom (X-Chromosom) identifiziert werden konnte.

Incontinentia pigmenti äußert sich in einer Reihe typischer krankhafter Veränderungen. Davon betroffen sind Haut, Augen, Zähne, Nägel und das zentrale Nervensystem. Die Patienten erblinden häufig und leiden an epileptischen Anfällen. Incontinentia pigmenti vererbt sich dominant.
Die Wissenschaftler haben 47 IP-Patienten untersucht. Bei knapp 80 Prozent von ihnen entdeckten sie eine identische Veränderung des NEMO-Gens (NF-KappaB essential modulator), die dazu führt, dass das Eiweiß, das vom NEMO-Gen abgelesen wird, um einige Bausteine verkürzt ist. Das NEMO-Eiweiß spielt bei der Regulation von immunologischen und entzündlichen Reaktionen eine zentrale Rolle. Es ist außerdem an der Steuerung des Wachstums und der Apoptose, des spontanen Zelltods, beteiligt.

Das NEMO-Gen kann sich im Laufe der Embryonalentwicklung spontan verändern. Diese Veränderung im Erbgut wird an die Tochterzellen weitergegeben. Bei einem sich entwickelnden männlichen Organismus (Kombination XY) besteht keine Möglichkeit, die Auswirkungen des defekten Gens auf dem X-Chromosom mit denen einer gesunden Kopie auf einem zweiten X-Chromosom auszugleichen. Daher sterben die meisten männlichen Feten mit defektem Gen bereits im Mutterleib. Eines von zehntausend neugeborenen Mädchen leidet an der Krankheit und kann den Gendefekt an seine Nachkommen vererben.
Das komplexe Krankheitsbild der IP führt häufig, vor allem beim erstmaligen Auftreten der Krankheit innerhalb einer Familie, zu Fehldiagnosen. Mit der Entdeckung des verantwortlichen Gendefekts könnten die Symptome in Zukunft schneller und sicherer zugeordnet werden, so dass die Patienten rechtzeitig die richtige Therapie erhalten.

* Nature, 25. Mai 2000, Band 405, Seiten 466-472

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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