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Gene und Gesellschaft

Nr. 12 | 18.05.1999 | von (wal/bäse)

Die Biologie gilt als eine der Leitwissenschaften des ausgehenden 20. Jahrhunderts. In der soeben erschienenen Broschüre "Gene und Gesellschaft"* des Deutschen Krebsforschungszentrums diskutieren 13 Wissenschaftler und Politiker die Möglichkeiten, aber auch die Risiken von Gentechnik und Molekularbiologie sowie die Auswirkungen biologischer Erkenntnisse auf unser Bild des Menschen und der Natur. Die Beiträge entstammen größtenteils Vorträgen, die im Wintersemester 1997/98 im Rahmen der gleichnamigen Vortragsreihe gehalten wurden. Die Veranstaltung wurde vom Arbeitskreis "Biowissenschaften und Ethik" des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Zentrums für Molekulare Biologie unter der Leitung von Dr. Thorsten Braun, Dr. Marcus Elstner und Sven Thoms organisiert.

Gibt es Gene für Aggression, Homosexualität oder Glück? Die Beiträge im ersten Teil des Bandes befassen sich mit der Frage, ob die Biologie Kultur, Religion, Bewußtsein und Verhalten des Menschen erklären kann. Im ersten Kapitel diskutiert Professor Ernst Peter Fischer den Gebrauch des Begriffs "Gen" in Wissenschaft und Gesellschaft. Professorin Eve-Marie Engels erörtert in ihrem Beitrag die Frage, ob sich unser Erkenntnisapparat an die Wirklichkeit angepaßt hat oder ob die Wirklichkeit durch den Erkenntnisprozeß konstruiert wird. Inwieweit menschliches Verhalten durch unsere Gene bestimmt wird oder erlernt ist, ist Thema der nächsten beiden Kapitel von Uta Skamel, Professor Eckart Voland und Dr. Hansjörg Hemminger. Über zwei Studien aus dem Bereich der Zwillingsforschung berichten Professor Werner Deutsch und Petra Sandhagen. Die Wissenschaftler untersuchen, inwieweit Unterschiede in Aussehen und Wesen der Menschen auf unterschiedliche Gene zurückzuführen sind und wie es Zwillinge schaffen, trotz ihrer identischen Gene zu eigenständigen Persönlichkeiten zu werden. Dr. Eva M. Neumann-Held diskutiert in ihrem Beitrag, inwieweit zum Beispiel Aggression auf die Aktivität eines bestimmten Genprodukts zurückgeführt werden kann.

Die Beiträge im zweiten Teil der Broschüre stehen unter der Überschrift: "Ethische und soziale Aspekte von gentechnischen Anwendungen". Professor Regine Kollek legt dar, welchen Einfluß Gentests auf unser Verständnis von Gesundheit haben können. Mit Hilfe dieser Tests können Veranlagungen für Krankheiten festgestellt werden, lange bevor der Mensch die ersten Anzeichen spürt. Es entstünde eine neue Personengruppe, die der "gesunden Kranken", die mit einem Wissen leben müßten, das weitreichende Folgen für ihr Lebensgefühl haben könnte. Dr. Barbara Skorupinski beschreibt am Beispiel der Gentechnik in der Pflanzenzüchtung die Schwierigkeiten der Urteilsbildung. Dem Nutzen gentechnischer Entwicklungen, wie zum Beispiel der Zucht schädlingsresistenter Pflanzen, wird die Schwierigkeit gegenübergestellt, eventuelle Risiken abzuschätzen. Die Möglichkeit der Vergabe von Patenten auf einzelne Gene oder gentechnisch veränderte Tiere und Pflanzen erörtert Professor Dietmar Mieth. In den beiden letzten Kapiteln der Broschüre stellen Dr. Karl A. Lamers, CDU-Mitglied des Deutschen Bundestages, und Dr. Manuel Kiper, von 1994 bis 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages und forschungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, ihre in den meisten Punkten gegensätzlichen Positionen zur Gentechnik vor.

*Thorsten Braun, Marcus Elstner (Hrsg.): Gene und Gesellschaft, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg 1999, 158 Seiten

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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