Ohne Wegweiser übersehen Abwehrzellen den Tumor
Jene Forscher, die Tumoren mit Immuntherapien bekämpfen wollen, müssen möglicherweise ihre Konzepte überdenken. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe des Immunologen Professor Günter Hämmerling deuten darauf hin, wie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "einblick" des Deutschen Krebsforschungszentrums berichtet wird. Tumorzellen tragen verräterische Moleküle, durch die sie das Immunsystem auf ihre Fährte locken. Um die Frage zu beantworten, warum das Immunsystem dennoch so viele Tumoren "übersieht", untersuchen Professor Hämmerling und seine Mitarbeiter aus der Abteilung Molekulare Immunologie einen genetisch veränderten Mäusestamm. In das Erbgut dieser Tiere wurde ein Gen eingefügt, das dazu führt, daß sich viele Zellen schrittweise zu Krebszellen entwickeln. Obwohl das Immunsystem fast alle Tumorherde erkennen kann, werden jedoch nicht alle abgetötet. "Wir vermuten, daß die überlebenden Tumoren die Abwehrzellen daran hindern, die Blutgefäße zu verlassen" erklärt Hämmerlings Mitarbeiterin Dr. Ruth Ganß, die zusammen mit Professor Douglas Hanahan von der University of California in San Franzisko den Aufbau der Blutgefäße, die die Tumoren mit Blut versorgen, untersuchte. Damit die aktivierten Abwehrzellen in den Blutgefäßen ihren Einsatzort finden, brauchen sie nämlich einen Wegweiser, eine Art molekularen Hilferuf, an der Innenwand der Blutgefäße. Hämmerling vermutet, daß manche Tumoren diese verräterische Reaktion der Gefäße verhindern. Die aktivierten Abwehrzellen treiben an ihrem Ziel vorbei, anstatt das Blutgefäß zu verlassen, um den Tumor zu bekämpfen. Sollte der Wissenschaftler recht haben, müßten jene Krebsbehandlungskonzepte überdacht werden, die sich allein darauf konzentrieren, Abwehrzellen gegen einen Tumor zu aktivieren.
Weitere Themen in "einblick" 1/1999 sind unter anderem neue Ansätze in der Leukämiebehandlung bei Kindern, Antisense-Moleküle in der Krebstherapie und Arzneimittelwechselwirkungen. Daneben stellt "einblick" das Radiumhospital in Oslo, ein ungewöhnliches Krankenhaus, vor und porträtiert die Arbeitsgruppe von Professor Peter Krammer, die die Todesgene entdeckt hat.
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