DKFZ an neuem Sonderforschungsbereich beteiligt
Neuer Sonderforschungsbereich „Milieuspezifische Kontrolle immunologischer Reaktivität“ untersucht Entstehung chronisch entzündlicher Erkrankungen. Wissenschaftler der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums werden mit 10 Millionen Euro gefördert.
Warum werden Immunzellen überraktiv und lösen Krankheiten aus? Möglicherweise liegt es vor allem an ihrer unmittelbaren Umgebung, ihrem Milieu, dass sie die Kontrolle verlieren und chronische Entzündungen im betroffenen Organ entfachen.
Diese Hypothese untersucht der neue Sonderforschungsbereich SFB 938 „Milieuspezifische Kontrolle immunologischer Reaktivität“, der jetzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt worden ist, unter Federführung von Professor Dr. Stefan Meuer, dem Geschäftsführenden Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Rund 10 Millionen Euro werden in den nächsten vier Jahren für 15 Forschungsprojekte zur Verfügung stehen, die von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums geleitet werden.
Erkrankungen, die auf Fehlern des Immunsystems beruhen wie Multiple Sklerose, Rheuma, Kolitis und Schuppenflechte nehmen zu. Doch es mangelt an effektiven Therapiekonzepten. „Bislang behandeln wir nur die Symptome, haben aber keine Ansatzpunkte für eine Heilung“, erklärt Stefan Meuer.
Das Immunsystem ist das einzige mobile Organ; die Immunzellen patrouillieren ständig im ganzen Körper und nehmen mit ihren Oberflächenrezeptoren ihre Umgebung wahr. Die sehr unterschiedlichen Milieus lösen bei den Immunzellen bestimmte Handlungsmuster aus. Dabei spielt auch eine Rolle, ob chemische Stoffe oder Antikörper in einer hohen Konzentration vorhanden sind. Mit dem neu gewonnenen Wissen über die Wechselwirkung zwischen Immunzellen und Umgebung möchten die Wissenschaftler innovative Ansätze finden, die Immunprozesse gezielt und individuell zu beeinflussen.
DKFZ-Forscher leiten vier Teilprojekte des SFB
In manchen Organen wie dem Gehirn oder der Augenlinse würden heftige Entzündungen zur Funktionseinbuße führen. Prof. Bernd Arnold untersucht, wie sich diese Gewebe vor unerwünschten aggressiven Immunreaktionen schützen. Er hat Hinweise darauf, dass ein Protein, dessen Rolle bislang nur aus der Embryonalentwicklung bekannt ist, die Immunreaktionen in diesen Geweben drosselt.
Wasserstoffperoxid – H2O2 – gilt als körpereigenes Alarmsignal, das Entzündungsreaktionen auslöst. Dazu müssen die Immunzellen jedoch in der Lage sein, das Gefahrensignal wahrzunehmen. PD Dr. Tobias Dick erforscht, welche molekularen Sensoren der Immunzellen dafür verantwortlich sind.
Die Thymusdrüse ist der Ort, in dem Immunzellen auf ihre Spezifität getestet und sortiert werden. Prof. Dr. Bruno Kyewski untersucht, ob bei organspezifischen Autoimmunerkrankungen wie Diabetes oder Multipler Sklerose bestimmte Gene im Thymus besonders häufig oder eher zu selten abgelesen werden. Das Ziel ist herauszufinden, wie es zur fehlgeleiteten Reaktion gegen körpereigene Strukturen kommt.
Das Immunsystem ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl verschiedener Zelltypen, die spezialisierte Aufgaben übernehmen. Prof. Dr. Hans-Reimer Rodewald hat eine Methode entwickelt, um die Aufspaltung wesentlicher Routen auf dem Weg von pluripotenten Vorläuferzellen des blutbildenden Systems zu Zell-Spezialisten zu verfolgen und möchte nun erforschen, unter welchen Bedingungen Zellen ihre an sich festgelegten Routen noch verlassen können, um z. B. den Bedarf für bestimmte andere Zelltypen besser und schneller decken zu können.
Weitere Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum sind an anderen Teilprojekten des SFB beteiligt.