Handys wirken möglicherweise krebserregend
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) in Lyon hat die von Handys und Schnurlostelefonen ausgesandten hochfrequenten elektromagnetischen Felder als möglicherweise krebserregend eingestuft.
In die Beurteilung der in Lyon tagenden Expertenkommission flossen hunderte von Einzelstudien ein. Dabei handelt es sich um so genannte epidemiologische Untersuchungen, die Expositionsdaten erfassen und Krebshäufigkeiten dokumentierten, aber auch um experimentelle Arbeiten, etwa zur Krebsentstehung bei Tieren, die solchen Feldern ausgesetzt wurden. Eine wichtige Datenquelle für die aktuelle Einstufung durch die IARC ist die internationale Interphone-Studie, an der in Deutschland das Deutsche Krebsforschungszentrum sowie die Universitäten Mainz und Bielefeld beteiligt waren.
Neben den elektromagnetischen Feldern durch Telefone wurden auch der Einfluss von Sendemasten, Radaranlagen und Mikrowellengeräten analysiert.
Nach einer kritischen Analyse aller Studienergebnisse kam die Arbeitsgruppe am IARC überein, dass es begrenzte Hinweise darauf gibt, dass die Benutzung von Handys und schnurlosen Telefonen die Entstehung von Gliomen und Akustikusneurinomen begünstigt. Die Arbeitsgruppe ermittelte nicht die Höhe dieses Risikos.
Zur Einstufung als „möglicherweise krebserregend“ kommen die IARC-Experten dann, wenn eine Verbindung zwischen einem möglichem Risikofaktor (hier: dem Handy-Gebrauch) und der Krebshäufigkeit beobachtet wurde und ein ursächlicher Zusammenhang plausibel erscheint. Dies ist z.B. für einen Zusammenhang von Telefongebrauch und Hirntumoren der Fall, da die Geräte direkt an den Kopf gehalten werden und daher besonders auf das Nervengewebe wirken können. Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Zufall, methodische Probleme oder Ergebnisverfälschungen durch Störgrößen diesen Ergebnissen zugrunde liegen.
Im Einklang mit den Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz geht das Deutsche Krebsforschungszentrum davon aus, dass für einen Erwachsenen die durchschnittliche Nutzung eines Handys keine gesundheitlichen Beeinträchtigung mit sich bringt, wenn die geltenden Grenzwerte eingehalten werden. Die Wirkung der elektromagnetischen Felder auf das Gehirn kann durch Freisprechanlagen verringert werden. Alternativ kann der Benutzer auch Textnachrichten versenden und sollte, wann immer vorhanden, ein Festnetztelefon bevorzugen. „Angesichts der enormen Verbreitung der Mobiltelefone müssen wir aber besonders die langfristige, intensive Nutzung von Handys weiter untersuchen, um die möglichen Risiken quantifizieren und pragmatische Schutzmaßnahmen empfehlen zu können“, sagt Otmar D. Wiestler, der Vorstandvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Die intensive Handynutzung durch Jugendliche und auch Kinder begann erst nach dem Jahrtausendwechsel. Es ist daher noch zu früh, Aussagen über die Auswirkungen des Handygebrauchs bei dieser Altergruppe zu machen. „Deshalb sollte man als generelle Vorsichtmaßnahme vor allem bei Kindern auf einen zurückhaltenden Umgang mit dem Mobiltelefon achten“, so Wiestler.
Als Gliome werden Hirntumoren bezeichnet, die von den sogenannten Gliazellen im Zentralnervensystem ausgehen. Zu diesen Krebsformen gehören Astrozytome, Oligodendrogliome, die besonders aggressiven Glioblastome und einige weitere Tumorformen. Akustikusneurinome sind vom Hörnerv ausgehende Tumoren. Die IARC-Arbeitsgruppe hält die vorliegenden Studienergebnisse für nicht aussagekräftig, um zu beurteilen, ob elektromagnetische Felder auch andere Krebsarten begünstigen. Ebenso wenig seien die Daten aussagekräftig für eine Beurteilung einer krebserregenden Wirkung der elektromagnetischen Felder von Sendemasten, Radaranlagen oder Mikrowellen.