Europaweite Register-Studie zeigt den Nutzen der Krebsgenomsequenzierung für krebskranke Kinder
Bei einigen krebskranken Kindern mit einem Rückfall können Krebsgenomanalysen helfen, eine passende Therapie zu finden und das Fortschreiten der Krankheit hinauszuzögern. Das zeigen die Ergebnisse der Register-Studie INFORM des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ), die den Nutzen molekularer Präzisionsonkologie bei Kindern systematisch untersucht hat. Die Ergebnisse des europaweiten Projektes werden jetzt bei der Konferenz der American Society of Clinical Oncology (ASCO) präsentiert, die vom 29. – 31. Mai virtuell stattfindet, und die Studie wurde kürzlich mit dem James B. Nachman-Preis der ASCO ausgezeichnet.
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg" (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).
Für Kinder, bei denen der Krebs zurückkommt, gibt es häufig kaum Behandlungsmöglichkeiten mehr. Durch die Studie INFORM sollen krebskranke Kinder mit einem Rückfall wirksamere Therapien erhalten, wenn die Standardtherapien ausgereizt sind. „Im Vergleich zur Krebstherapie bei Erwachsenen, wo es viele klinische Studien, viele neue Biomarker und viele neue Medikamente gibt, liegt die pädiatrische Onkologie deutlich zurück, wenn es um Präzisionsmedizin und die Entwicklung neuer Therapien geht", sagt der Kinderonkologe und KiTZ-Wissenschaftler Cornelis van Tilburg, der die neuen Ergebnisse bei der ASCO Konferenz präsentiert.
Im Jahr 2015 startete die Studie INFORM (INdividualized Therapy For Relapsed Malignancies in Childhood), um bei Kindern mit einem Rückfall molekulare Angriffsziele zu identifizieren, durch die sich neue Behandlungsmöglichkeiten erschließen könnten. Gemeinsam mit Ärzten des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) entwickelte das Team am KiTZ einen Algorithmus, mit dem sie die Eignung molekularer Veränderungen in einem Tumor als therapeutische Zielstruktur in sieben Kategorien von „sehr geeignet" bis „ungeeignet" einstuften. Als sehr geeignet wurden beispielsweise Erbgutveränderungen im Tumor eingestuft, die sehr spezifisch für bestimmte Krebsformen sind, von denen bekannt ist, dass sie biologische Zielstrukturen aktivieren, die direkt durch Wirkstoffe angreifbar sind und für die es bereits zugelassene Medikamente oder laufende klinische Studien gibt.
Die behandelnden Kinderonkologen an den 72 Zentren in acht europäischen Ländern konnten diese Informationen anschließend für ihre Therapieentscheidungen heranziehen. Insgesamt erhielten 149 junge Patienten mit einem Rückfall auf Grundlage der INFORM-Ergebnisse eine gezieltere Behandlung, beispielsweise durch Einschluss in eine klinische Studie oder eine sogenannte „Off-Label-Behandlung" mit einem Wirkstoff, der ursprünglich für Erwachsene zugelassen wurde. Von diesen hatten 20 Patienten eine „sehr geeignete" Zielstruktur und das Fortschreiten der Krebserkrankung ließ sich im Vergleich zu den Patienten mit weniger geeigneten Zielstrukturen um drei Monate verzögern. Insgesamt wurden 525 Patienten für diese Analyse eingeschlossen. Bei 8 Prozent der Patienten mit einem Hirntumor konnte zudem die genaue Tumorform auf Basis der Genomanalyse diagnostiziert werden.
„Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, molekulare Angriffsziele zu identifizieren, die bei krebskranken Kindern mit einem Rückfall und sehr schlechter Prognose neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen und eine Präzisionsonkologie für Kinder überhaupt erst möglich machen", sagt David Jones, der die molekulare Diagnostik von INFORM am KiTZ leitet. Die Ergebnisse führten zudem bereits zum Start mehrerer klinischer Studien zur Erprobung neuer Biomarker für Krebs bei Kindern. Der INFORM-Ansatz wurde zudem kürzlich von der American Society of Clinical Oncology (ASCO) mit dem James B. Nachman-Preis für pädiatrische Onkologie ausgezeichnet.
Ziel der Wissenschaftler am KiTZ ist es, möglichst vielen Kindern individuelle Tumoranalysen und somit eine Chance auf eine möglicherweise wirksamere Therapie, zum Beispiel innerhalb innovativer klinischer Studien, zu eröffnen. „Speziell für Kinder gibt es so gut wie gar keine innovativen zielgerichteten Medikamente. In Deutschland laufen nur sehr wenige klinische Studien zur Erprobung neuer Behandlungsansätze speziell für krebskranke Kinder", betont KiTZ-Direktor Olaf Witt und Koordinator des INFORM-Registers, der am DKFZ die Klinische Kooperationseinheit Pädiatrische Onkologie leitet und gleichzeitig Kinderonkologe am Universitätsklinikum Heidelberg ist. „Unsere Vision ist es, in Zukunft für jeden Tumortyp bei Kindern eine maßgeschneiderte Therapie zu finden."
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Krebserkrankungen im Kindesalter weisen teilweise charakteristische genetische Veränderungen auf.
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Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg" (KiTZ) ist eine kinderonkologische Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Wie das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, das sich auf Erwachsenenonkologie konzentriert, orientiert sich das KiTZ in Art und Aufbau am US-amerikanischen Vorbild der so genannten "Comprehensive Cancer Centers" (CCC). Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen – von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Krebskranke Kinder, gerade auch diejenigen, für die keine etablierten Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, bekommen im KiTZ einen individuellen Therapieplan, den Experten verschiedener Disziplinen in Tumorkonferenzen gemeinsam erstellen. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 65.000 Patienten vollstationär, 56.000 mal Patienten teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg. www.klinikum-heidelberg.de
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