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Pflanzeninhaltsstoff mit selektiver Wirkung auf Krebszellen

Nr. 80 | 17.12.2007 | von (Koh)

Die Substanz Wogonin löst in Tumorzellen das Todesprogramm Apoptose aus, hat auf gesunde Zellen jedoch so gut wie keinen Effekt. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum klären den molekularen Mechanismus auf, der dieser selektiven Wirkung zugrunde liegt.

Schäden an Genen, die das Wachstum kontrollieren, können eine Zelle zur Gefahr für den Organismus werden lassen. Schutz dagegen bietet das als Apoptose bezeichnete Todesprogramm, das geschädigte Zellen, die möglicherweise außer Kontrolle geraten, in den Freitod treibt. Dieser lebensrettende Mechanismus funktioniert jedoch in den meisten Tumorzellen nicht mehr, da zahlreiche Steuermoleküle der Apoptose defekt sind.

Forscher versuchen daher schon seit langem, in Tumorzellen die Fähigkeit zum kontrollierten Selbstmord wiederherzustellen. Allerdings ist dies ein gewagtes Unterfangen, da das Risiko besteht, auch gesundes Gewebe durch den Zelltod zu schädigen. Dringend gesucht wurden daher Substanzen, die ganz gezielt nur Tumorzellen in den Tod treiben.

Dr. Min Li-Weber aus der Abteilung Immungenetik unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Krammer konzentriert sich auf Reinsubstanzen aus Kräutern, die in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet werden. Sie untersucht diese Pflanzeninhaltsstoffe auf ihre Fähigkeit, Apoptose auszulösen. Mit der Substanz Wogonin, einem Flavonoid aus dem Baikal-Helmkraut, hat die Wissenschaftlerin kürzlich einen interessanten Kandidaten entdeckt: Wogonin bewirkt bei Leukämiezellen in der Kulturschale Apoptose, hat aber auf gesunde Blutzellen fast keine schädigende Wirkung. Auch bei Mäusen, denen Leukämiezellen des Menschen transplantiert wurden, ließ sich das Krebswachstum durch Wogonin aufhalten.

Unklar war bislang, auf welchem molekularen Mechanismus die selektive Wirkungsweise des Pflanzeninhaltstoffs beruht. Das Apoptose-Programm kann in der Zelle auf zweierlei Wegen gestartet werden: durch externe Stimuli oder durch Signale aus dem Zellinneren als Reaktion auf Faktoren wie radioaktive Strahlung oder reaktive Sauerstoffverbindungen – etwa Wasserstoffperoxid (H2O2). Li-Weber zeigt nun, dass Wogonin in Tumorzellen eine weitaus stärkere Wasserstoffperoxidbildung bewirkt als in gesunden Zellen. Das Peroxid wiederum löst eine Kalziumantwort aus, die die Reaktionskaskade der Apoptose in Gang bringt. Zudem enthalten Tumorzellen eine größere Zahl der Membrankanäle, durch die das Kalzium aus seinen innerzellulären Lagerstätten ins Zellplasma einströmt.

Min Li-Webers bisherige Ergebnisse beruhen auf Versuchen in der Kulturschale und am Tiermodell. Die Wissenschaftler halten die Daten für so überzeugend, dass sie die Eignung von Wogonin als Therapeutikum für leukämische Erkrankungen weiter prüfen.

Sven Baumann, Stefanie C. Fas, Marco Giaisi, Wolfgang W. Müller, Anette Merling, Karsten Gülow, Lutz Edler, Peter H. Krammer und Min Li-Weber: Wogonin Preferentially Kills Malignant Lymphocytes and Suppresses T-cell Tumor Growth by Inducing PLCγ1- and Ca2+-dependent Apoptosis.
Blood, DOI: 10.1182/blood-2007-06-096198

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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