Präzisions-Sarkomforschung
- Funktionelle und Strukturelle Genomforschung
- NCT
- Nachwuchsgruppe

Dr. Priya Chudasama
Group leader
Wir erforschen molekulare und klinische Merkmale von Sarkomen mithilfe struktureller und funktioneller Genomikansätze, um die Sarkomgenese besser zu verstehen und präzisere, wirksamere sowie gut verträgliche Therapien für Sarkom-Patienten zu entwickeln.

Unsere Forschung
Sarkome werden hauptsächlich in zwei Arten unterteilt: Knochensarkome und Weichteilsarkome. Sarkome weisen eine bemerkenswerte genetische und histologische Vielfalt auf, die sich in mehr als 150 Subtypen nach der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation widerspiegelt, was wiederum erhebliche diagnostische und therapeutische Schwierigkeiten mit sich bringt. „Handlungsfähige“ Läsionen, die eine Vorhersage des Ansprechens auf konventionelle oder zielgerichtete Krebsmedikamente ermöglichen und/oder direkte Angriffspunkte für therapeutische Maßnahmen darstellen, fehlen in den meisten Fällen, da die Ereignisse, die die Sarkomentwicklung vorantreiben, nur unvollständig verstanden werden.
Die vom Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Arbeitsgruppe „Precision Sarcoma Research“ wurde mit dem Ziel gegründet, die der Tumorentwicklung zugrunde liegenden molekularen Veränderungen besser zu verstehen und neue Zielstrukturen für eine präzise Krebstherapie zu identifizieren. Zu diesem Zweck nutzen wir Tumor-Multiomics-Daten, die im Rahmen der internen Präzisions-Onkologie-Workflows, insbesondere des NCT/Deutschen Krebskonsortiums (DKTK) MASTER (Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication), generiert wurden, sowie öffentlich zugängliche Datenressourcen, um die genomischen, epigenomischen, transkriptomischen und immunologischen Landschaften von Sarkomen systematisch zu untersuchen, um pan-sarkom- oder subentitätsspezifische pathognomonische Veränderungen zu identifizieren. Projektspezifisch haben wir am DKFZ neueste Technologieplattformen wie Long-Read-Sequenzierung, Einzelkernsequenzierung sowie Spatial Transcriptomics eingesetzt, um tiefere Einblicke in die Biologie der Tumoren zu gewinnen. Mechanistische Untersuchungen ausgewählter Aberrationen werden durch unser wachsendes Modellsystem-Panel und ein umfassendes Toolkit für funktionelle Genomik-Untersuchungen (z.B. CRISPR/Cas9-Bibliotheken) ermöglicht.
Gegenwärtig verfolgen wir die folgenden Ziele:
1. Ausrichtung auf kritische Krankheitsprozesse: Schwerpunkt - Telomererhaltung
2. Integrative Multi-omische Charakterisierung: Schwerpunkt - Ultra-seltene Sarkome
3. Entwicklung von innovativen therapeutischen Ansätzen: Schwerpunkt - Gezielter Proteinabbau durch “molecular glues”
Diese Studien werden das Verständnis der Sarkomentstehung verbessern und Ziele für eine biologische Stratifizierung und eine auf molekulare Mechanismen gestützte therapeutische Intervention identifizieren.
Starke Unterstützung für die Erforschung extrem seltener Sarkome
Die Precision Sarcoma Research Group hat von zwei sehr starken Frauen - einer liebevollen Mutter und Tante eines sehr seltenen Sarkom-Patienten - eine finanzielle Unterstützung und soliden Rückhalt erhalten.
Frau Schwarz und Frau Fiebig-Frik sind äußerst begabt im Stricken und lieben es, Teddybären und andere Dekorationsartikel zu entwerfen. Auf dem kalten, aber fröhlichen Weihnachtsmarkt in München verkauften sie ihre neuesten Kreationen und spendeten in einer sehr rührenden Geste den gesamten Erlös an unsere Forschungsgruppe. Wir danken Frau Schwarz und Frau Fiebig-Frik von ganzem Herzen für ihren großzügigen Beitrag und ihre Anerkennung für unsere Forschung.
Aufgrund ihrer extremen Seltenheit ist bislang nur sehr wenig über die natürliche Krankheitsentwicklung, die Erfahrungen der Patientinnen und Patienten, die zugrunde liegende Biologie sowie wirksame Strategien zur Diagnose und Behandlung bekannt. Dies liegt vor allem an der unzureichenden Verfügbarkeit von Patientenproben und Modellen für die laborbasierte Forschung sowie an den erheblichen Herausforderungen bei der Rekrutierung von Patientenkollektiven für klinische Studien. Diese Rahmenbedingungen erschweren die Forschung an ultra-seltenen Sarkomen erheblich – und machen sie oft weniger geeignet für klassische Förderprogramme der Forschungsförderung.
Die Unterstützung von Frau Schwarz und Frau Fiebig-Frik gibt uns die dringend benötigte Flexibilität, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Sie befähigt uns dazu, von jeder Tumorprobe und jedem einzelnen Patienten zu lernen und dieses Wissen zeitnah sowohl der wissenschaftlichen als auch der Patientengemeinschaft zugänglich zu machen.
Ich danke auch Herr Bastian Schwarz, Mitglied des Patientenbeirats am DKFZ und selbst Patient mit einem ultra-seltenen Sarkom. Gemeinsam arbeiten wir an einer Initiative, die den Austausch zwischen Patientinnen und Patienten sowie der Forschung stärkt – damit Betroffene Zugang zu aktuellem Wissen erhalten und Forschende Zugang zu wertvollen Tumorproben bekommen.
Sarkom-Projekte

Telomere sind Nukleotidsequenzen, die aus 5'-TTAGGG-3'-Tandemwiederholungen bestehen und eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der genomischen Integrität spielen, indem sie die Enden der Chromosomen mit Hilfe des Telomer-Shelterin-Komplexes vor DNA-Schäden schützen. Die Replikation der Telomere wird von der Telomerase durchgeführt. Um replikative Unsterblichkeit zu erreichen, reaktivieren etwa 85 % der Krebsarten die TERT-Expression. Die verbleibenden 15 % der Krebsarten erhalten die Telomerlänge durch einen telomeraseunabhängigen Mechanismus aufrecht, der als alternative Verlängerung der Telomere (ALT) bezeichnet wird. Unsere frühere Arbeit (Chudasama et al. Nat Comms 2018) und die anderer Forscher hat gezeigt, dass ALT ein häufiges Merkmal von Sarkomen ist, das zur Tumorprogression beiträgt. Da es sich bei ALT um einen krebszellspezifischen Prozess handelt, stellt sie ein attraktives therapeutisches Ziel dar, allerdings ist die Landschaft der auf ALT abzielenden Medikamente nicht gut etabliert. Die Untersuchung von Genen, die an der ALT beteiligt sind, könnte neue Biomarker für eine gezielte Behandlung dieser aggressiven Tumoren aufzeigen.
Bisher haben wir >800 menschliche Sarkom-Tumorproben untersucht, um die Häufigkeit von ALT in verschiedenen Sarkom-Untergruppen zu ermitteln. Nach dieser Stratifizierung haben wir eine integrative Multi-omics-Analyse durchgeführt, um genetische Veränderungen zu identifizieren, die ALT-positive Tumoren von ALT-negativen Tumoren unterscheiden, um ALT-assoziierte Aberrationen zu ermitteln, die direkt oder über sekundäre Abhängigkeiten angegriffen werden können. Anhand eines großen Panels seltener Sarkom-Zelllinien und von Patienten stammenden Xenotransplantaten validieren wir die „Medikamentenfähigkeit“ der in Frage kommenden Veränderungen und charakterisieren diese mechanistisch mit Hilfe der Phospho-Proteomik, um die Grundlage für die Auswahl ALT-spezifischer Ziele für die klinische Bewertung zu schaffen. Darüber hinaus entwickeln wir Methoden, um die Auswirkungen der Heterogenität der Telomererhaltungsmechanismen mithilfe von maschinellen Lernwerkzeugen (Belova et al. 2023 biorXiv) und räumlich aufgelösten Technologien (Frank et al. Nucleic Acids Res 2022) zu untersuchen.

Die begrenzte Verfügbarkeit von Tumorproben, das Fehlen von Modellsystemen und die geringere Anzahl von Patienten für das Verständnis der Krankheitsbiologie und die Entwicklung von Arzneimitteln sind kritische Hürden für das Vorantreiben der Grundlagen-, translationalen und klinischen Forschung bei seltenen Krebsarten (<6 Fälle pro 100.000/Jahr) wie dem Sarkom. Eine Untergruppe von Sarkomen, die so genannten ultra-seltenen Sarkome (≤1 Fall pro 1.000.000, Stacchiotti S et al, 2021, Cancer, 27:2934), sind äußerst selten, was die oben genannten Herausforderungen noch erheblich verschärft. Unser Team möchte die Erforschung ultra-seltener Sarkome vorantreiben, indem es eine eingehende molekulare Charakterisierung von Tumorproben durchführt, um die Diagnose, Klassifizierung, Identifizierung pathognomonischer Veränderungen, Modellentwicklung und Ansatzpunkte für eine biologisch gesteuerte Behandlung zu ermöglichen.
Follicular Dendritic Cell Sarcoma
One example of ultra-rare sarcoma is follicular dendritic sarcoma (FDCS) that originates from follicular dendritic cells (FDCs). Diagnosis of FDCS is difficult due to histological similarities with many epithelial, mesenchymal, meningeal, or lymphoid malignancies. FDCS patients have poor prognosis and are still commonly treated with a lymphoma chemotherapy regimen (CHOP) despite evidence of mesenchymal origin of FDCs. We have assembled a cohort of >30 FDCS samples and have characterized the genomic and transcriptomic landscape of alterations, which led to identification of previously not described targetable lesions and oncogenic mechanisms, such as BRAFV600E mutations and telomerase overexpression by enhancer hijacking. Results of our analysis have led to clinical benefit to FDCS patient and we have identified a rare histological subtype of this ultra-rare sarcoma. We continue to characterize this intriguing disease using DNA methylation landscape and spatial technologies.
Alveoläres Weichteilsarkom
Das alveoläre Weichteilsarkom (ASPS) ist ein weiteres sehr seltenes Sarkom mit schlechter Prognose im metastatischen Stadium. ASPS wird durch eine (X;17) (p11;q25)-Translokation zur Bildung des ASPSCR1-TFE3-Fusionsonkoproteins angetrieben, wobei nur wenige zusätzliche genomische Veränderungen wie Mutationen oder strukturelle Varianten auftreten. Wir waren fasziniert von der Feststellung, dass ASPS-Tumoren eine starke Infiltration von Immunzellen aufweisen, was nach dem derzeitigen Dogma kein häufiges Merkmal von Tumoren mit „stummen“ Genomen ist. Darüber hinaus zeigen bestimmte Patienten mit ASPS-Tumoren ein außergewöhnliches Ansprechen auf Checkpoint-Inhibition, was jedoch nicht mit der Expressionshöhe von Immun-Checkpoint-Molekülen korreliert. Wir setzen Transkriptom-basierte Immunprofilierungsansätze und räumliche Proteomik ein, um 1) die Geheimnisse der Chemotaxis von Immunzellen zu lüften, 2) einen Biomarker für das Ansprechen auf eine Checkpoint-Blockade-Behandlung zu identifizieren und 3) neue Mechanismen und Schwachstellen der fusionsbedingten Modulation der immunologischen Mikroumgebung zu erkennen. Zu diesem Zweck haben wir in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Ana Banito (Weichteilsarkome, DKFZ und KiTZ) ein immunkompetentes ASPS-Mausmodell entwickelt, das die präklinische Validierung von Targets und Biomarkern ermöglichen wird.

Ein Drittel der Sarkome ist durch wiederkehrende genetische Veränderungen, so genannte chromosomale Translokationen, gekennzeichnet, die durch Bruchstellen innerhalb zweier Zellgene entstehen und zur Bildung eines chimären Fusionsgens führen. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Fusionsgenen in Sarkomen um Chromatinumwandlungsfaktoren oder Transkriptionsfaktoren. Die Genfusion führt zu einer Veränderung des Regulierungsmusters der Genexpression, was in den meisten Fällen zu einer verstärkten Proliferation, Resistenz gegen Apoptose, verstärkter Migration und Invasion führt. Da die Fusionsgene die onkogenen Triebkräfte sind, die nur in Tumorzellen exprimiert werden, stellen sie attraktive molekulare Ziele dar. Von Transkriptionsfaktoren abgeleitete Fusionsgene weisen jedoch keine enzymatische Aktivität auf und lassen sich daher nicht mit kleinen Molekülen hemmen. Ein vielversprechender Ansatz sind kleine Moleküle, die die Nähe zwischen E3-Ubiquitin-Ligasen und onkogenen Substraten herstellen und so die Substrate für den Abbau durch das Ubiquitin-Proteasom-System (UPS) anvisieren. Ein Beispiel für den Erfolg dieses Ansatzes sind Verbindungen wie Lenalidomid-Analoga, die auch als immunmodulatorische Medikamente (IMiDs) und Proteolyse-Zielchimären (PROTACs) bekannt sind. Mit Hilfe von Reporter-basierten funktionellen Genom-Screens, die mit Proteinbiochemie und strukturbiologischen Ansätzen gekoppelt sind, untersuchen wir die Proteinabbauwege von Sarkom-Fusionsgenen, um neue E3-Ligase-Fusions-Onkoprotein-Paare und Strukturen für „molekulare Kleber“ oder PROTAC-Designs zu nominieren.
Pan-Cancer Projekte
Krebsmetastasen sind der stärkste Faktor, der zur krebsbedingten Sterblichkeit beiträgt. Trotz erheblicher Fortschritte ist die Früherkennung und genaue Vorhersage von Metastasen nach wie vor ein wichtiges ungelöstes Problem in der Krebsforschung. An dem innovativen Forschungsprojekt DECIPHER-M, das von der Nationalen Dekade gegen den Krebs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird, sind Wissenschaftler aus Aachen, Dresden, Essen, Heidelberg, Mainz und München beteiligt, die einen interdisziplinären Ansatz verfolgen, der darauf abzielt, die komplexen Mechanismen der Krebsausbreitung mithilfe modernster KI-Technologien zu entschlüsseln.
DECIPHER-M verfolgt dabei einen einzigartigen Ansatz, bei dem eine neue Form der künstlichen Intelligenz (KI), sogenannte multimodale foundationmodelle, zum Einsatz kommt. In diesem Projekt werden diese Modelle eingesetzt, um ein breites Spektrum von Daten wie radiologische Bilder, pathologische Berichte und genetische Informationen eines Patienten gemeinsam zu analysieren. Auf diese Weise sollen grundlegende Fragen zur Metastasierung beantwortet werden, z. B. die Mechanismen ihres Auftretens, die Möglichkeit, vorherzusagen, wer sie wo entwickeln könnte, und welche Art von Behandlung für verschiedene Patienten am wirksamsten sein könnte.
Darüber hinaus wird DECIPHER-M praktische Tools bereitstellen, die auf einzelne Patienten angewandt werden können, um das Screening und die Behandlung in Fällen mit hohem Metastasierungsrisiko anzupassen. Mit diesen Instrumenten soll insbesondere die wirksamste Behandlung für einzelne Patienten mit metastasierender Erkrankung vorhergesagt werden, damit diese Patienten wirksamer behandelt werden können.
Priya Chudasama leitet das Teilprojekt 8, das sich der Verknüpfung grundlegender KI-Modelle mit klinisch verwertbaren Erkenntnissen widmet, indem es die biologischen Grundlagen ausgewählter uni- und multimodaler Signaturen aufklärt. Mit einem starken Forschungsschwerpunkt auf Sarkomen - einer heterogenen und seltenen Gruppe bösartiger Erkrankungen - ist unser Team bestrebt, sowohl deren Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zu häufigeren Krebsarten zu erforschen, insbesondere im Zusammenhang mit den Mechanismen der Metastasenbildung und -diagnose. Diese Untersuchung kann uns dabei helfen, die Herausforderung der Datenknappheit bei seltenen Krebsarten durch den Einsatz von KI-Ansätzen zu bewältigen. Schließlich koordiniert Priya in Zusammenarbeit mit Cindy Körner und Markus Wartenberg vom NCT und DKFZ-Patientenbeirat sowie einem bundesweiten Netzwerk von Patientenvertretern die patientenbezogenen Forschungsinitiativen des Konsortiums.
Team
-
Dr. Priya Chudasama
Group leader
-
Wenxin Chao
MD student
-
Sophie Herbst
Scientist
-
Julien Picotto
Postdoctoral Researcher
Stellenangebote
Research Associate https://jobs.dkfz.de/en/jobs/167745/research-associate-functional-genomics
Wir suchen derzeit Bewerber für Master- und MD Doktorarbeiten, sowohl für Projekte im Nasslabor als auch für computergestützte Projekte. Bitte kontaktieren Sie uns mit Ihrem Lebenslauf unter priya.chudasama@nct-heidelberg.de
Ausgewählte Publikationen
Belova T, Biondi N, Hsieh PH, Chudasama P, Kuijjer M.
ALT-FISH quantifies alternative lengthening of telomeres activity by imaging of single-stranded repeats
Frank L, Rademacher A,…, Fröhling S, Chudasama P, Rippe K.
Small molecule-induced polymerization triggers degradation of BCL6
Stabicki M, Yoon H, Koeppel J, …, Chudasama P, …, Ebert B.
Integrative genomic and transcriptomic analysis of leiomyosarcoma
Chudasama P., Mughal S.S et.al
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