Wissenschaftler als Unternehmer: 1983 war dies eine höchst ungewöhnliche Konstellation. „Unternehmertum galt damals geradezu als anrüchig“, erinnert sich Werner Franke vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Der Zellbiologe Franke hatte sich mit Günter Hämmerling, ebenfalls DKFZ, sowie mit Ekkehard Bautz und Peter Gruss von der Universität Heidelberg zusammengetan, um mit der PROGEN Biotechnik GmbH das wahrscheinlich erste „Biotech-Start-up“ Deutschlands zu gründen.
Die vier Wissenschaftler, alle erfolgreich im Bereich der molekularen Lebenswissenschaften aktiv, einte ein gemeinsames Anliegen: Sie hatten mit ihrer Forschung jede Menge Wissen und molekulare Werkzeuge generiert, die weltweit begehrt waren – sowohl in der Forschung als auch für die medizinische Diagnostik. So hatte Werner Frankes Abteilung zahlreiche Antikörper entwickelt, die lungen- oder darmkrebsspezifische Proteine im Blutserum nachweisen konnten und für die Tumordiagnostik unentbehrlich waren. Ekkehardt Bautz wiederum brachte den ersten Nachweis von Hantaviren, die schwere hämorrhagische Fieber auslösen können, in das neu gegründete Unternehmen ein.
„Nach den Regeln der Wissenschaft sind Sie verpflichtet, solche Reagenzien weltweit zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der hohen Nachfrage war das damals in unseren Laboren aber logistisch so gut wie nicht zu leisten“, erklärt Franke. „Durch den Vertrieb über ein Unternehmen waren die Reagenzien weltweit für Forschung und Diagnostik verfügbar.“
Später erweiterte PROGEN sein Angebot, unter anderem durch weitere Produkte aus dem DKFZ. Dazu zählt etwa das von Jürgen Kleinschmidt entwickelte Adeno-assoziierte Virus AAV als idealer Vektor für die Gentherapie, das wie ein Taxi therapeutische Gene in menschliche Zellen transportiert. Verkaufte PROGEN in seinen Anfangsjahren in erster Linie einfache Antikörper, so hat sich das Unternehmen inzwischen auf komplette Testpakete spezialisiert, in denen alle für ein Experiment benötigten Reagenzien zusammengestellt sind. Seit 2012 ist PROGEN eine 100-prozentige Tochter der R-Biopharm AG und hat mittlerweile 22 Mitarbeiter.
„Viele der frühen Biotech-Start-ups haben nur wenige Jahre überlebt. Dass sich PROGEN als erste Unternehmensausgründung aus dem DKFZ so erfolgreich halten konnte, ist auch ein Beweis für die hohe Qualität und Relevanz der Produkte, die Franke und seine Mitstreiter damals auf den Markt gebracht haben“, sagt Josef Puchta, der kaufmännische Vorstand des DKFZ. „Vor allem haben die vier Gründer echten Pioniergeist bewiesen, in einer Zeit, als eine kommerzielle Verwertung wissenschaftlicher Ergebnisse für viele Forscherkollegen schlicht undenkbar war.“
Mit seinem Unternehmensmotto „passion for research“ hält PROGEN auch heute noch den wissenschaftlich geprägten Gründergeist hoch.