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Prostatakrebs: Künstliche Intelligenz erkennt verdächtige Bereiche in der Prostata-MRT ähnlich gut wie Radiologen

Nr. 45 | 09.10.2019 | von Koh

Bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom hält die Magnetresonanztomographie (MRT) zunehmend Einzug in den diagnostischen Prozess. Die MRT kann verdächtige Gewebebereiche identifizieren, die gezielt biopsiert werden sollten, und damit die Erkennungsrate von Prostatakrebs deutlich steigern. Die Beurteilung der MRT-Bilder ist komplex und erfordert erfahrene Radiologen. Ein Forscherteam aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Urologischen Universitätsklinik Heidelberg konnte nun zeigen, dass künstliche Intelligenz verdächtige Bereiche in der Prostata-MRT ähnlich sicher identifiziert wie erfahrene Radiologen und diese bei der Beurteilung der Bilder unterstützen kann.

T2-gewichtetes MRT-Bild der Prostata, farbig markiert die durch das Neuronale Netzwerk generierte „Tumorwahrscheinlichkeitskarte“.
© Bonekamp/DKFZ

In den letzten Jahren wird die Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata in bestimmten Situationen immer häufiger eingesetzt. Mit dem bildgebenden Verfahren können Ärzte verdächtige Krebsherde aufspüren und anschließend mit Hilfe einer gezielten Biopsie näher untersuchen. Außerdem kann die MRT dabei helfen, solche Patienten zu identifizieren, die keinen klinisch bedeutsamen Tumor haben - und ihnen so unnötige Biopsien ersparen. Die MRT-Bildgebung hat bereits heute die Diagnostik von Prostatakrebs verbessert und wird daher in Zukunft noch häufiger eingesetzt werden. Doch die aufwändige Beurteilung der komplexen MRT-Bilder setzt erfahrene Radiologen voraus, um eine hohe Qualität der Diagnostik zu garantieren. „Es besteht daher dringender Bedarf, die Effizienz bei der Interpretation der Bilder zu steigern", sagt David Bonekamp, Radiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum.

Mit dem Ziel, das Potential der künstlichen Intelligenz zur Unterstützung der Radiologen bei der klinischen Befundung von MRT-Bildern zu nutzen und eine hohe Qualität der Befundung zu garantieren, haben sich Radiologen und Informatiker am DKFZ und Urologen vom Universitätsklinikum Heidelberg um Patrick Schelb, David Bonekamp, Heinz-Peter Schlemmer, Simon Kohl, Klaus Maier-Hein, Jan Philipp Radtke und Markus Hohenfellner zusammengetan. Das Team konnte nun zeigen, dass die Erkennungsrate von verdächtigen MRT-Befunden durch künstliche Intelligenz vergleichbar zu der Erkennungsrate durch die Radiologen ist.

Das am DKFZ entwickelte Verfahren basiert auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk, das aus vielen Bildern lernt, woran verdächtige Veränderungen erkannt werden können. Dieses Netzwerk wurde zunächst an den MRT-Aufnahmen einer Gruppe von 250 Patienten trainiert. Anschließend evaluierten die Forscher das fertige Modell in einer unabhängigen Gruppe von 62 Patienten, die es während des Trainings nicht gesehen hatte.

Das Ergebnis: Die Erkennungsrate von klinisch relevantem Prostatakrebs lag für die künstliche Intelligenz bei 92 Prozent, während die Radiologen 88 Prozent der Patienten erkannten, die an einem klinisch relevanten Tumor erkrankt waren. Von den untersuchten Männern, die tatsächlich krebsfrei waren oder deren Tumoren nicht als behandlungsbedürftig galten, identifizierte die künstliche Intelligenz 47 Prozent korrekt, die Radiologen 50 Prozent. Die Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant.

Automatisch erkannte verdächtige Herde zeigten eine gute Übereinstimmung mit klinischen Läsionen, die die Radiologen definiert hatten. Weiterhin stieg die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines klinisch relevanten Karzinoms an, wenn sowohl Radiologen als auch das künstliche neuronale Netzwerk einen verdächtigen Befund gemeinsam als suspekt diagnostizierten.

„Die Ergebnisse zeigen uns, dass die künstliche Intelligenz für die klinische Diagnostik großes Potenzial bereithält", sagt Bonekamp. In einem nächsten Schritt wollen die Heidelberger Forscher und Ärzte diese und ähnliche Methoden weiterentwickeln und in größeren Gruppen von Patienten validieren, sowie in einer prospektiven Studie erproben, um die Tauglichkeit für den Einsatz im klinischen Alltag zu evaluieren.

Patrick Schelb, Simon Kohl, Jan Philipp Radtke, Manuel Wiesenfarth, Philipp Kickingereder, Sebastian Bickelhaupt, Tristan Anselm Kuder, Albrecht Stenzinger, Markus Hohenfellner, Heinz-Peter Schlemmer, Klaus H. Maier-Hein und David Bonekamp: Classification of prostate cancer on MRI: Deep learning vs. clinical PI-RADS assessment
Radiology 2019, DOI: https://doi.org/10.1148/radiol.2019190938

 

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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