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Personalisierte Medizin: Präziser diagnostizieren, individueller behandeln

Nr. 36 | 28.06.2017 | von Koh

Wie lassen sich aus den individuellen molekularen Entstehungsgeschichten einer Krankheit Verbesserungen der Prävention, der Diagnose und vor allem der Therapie ableiten? Diese Frage steht im Zentrum der hochkarätigen internationalen Konferenz zur Personalisierten Medizin am 3. und 4. Juli im Deutschen Krebsforschungszentrum.

© dkfz.de

Das Konzept der personalisierten Medizin besagt, dass jeder Patient eine Therapie erhalten soll, die so weit wie möglich an seine individuelle Erkrankung angepasst ist. Die Onkologie war hier Vorreiter. Medikamente, die gezielt nur dann verordnet werden, wenn ein bestimmtes molekulares Merkmal der Tumorzellen vorliegt, wurden zuerst in der Krebsmedizin entwickelt. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass auch bei Herz-Kreislauferkrankungen, neurodegenerativen Krankheiten oder Infektionskrankheiten die individuelle molekulare Ausstattung über den Verlauf des Leidens entscheidet.

Das Ziel der deutsch-israelischen Partnerschaft in der Personalisierten Medizin ist es, aus diesen Unterschieden in der molekularen Entstehungsgeschichte der individuellen Krankheit Verbesserungen der Prävention, der Diagnose und vor allem auch die Therapie abzuleiten. Partner in diesem Kooperationsprojekt sind die fünf Gesundheitszentren* der Helmholtz-Gemeinschaft sowie das israelische Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Weltraum (MOST).

Vom 3. bis 4. Juli treffen im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Helmholtz-Forscher, ihre israelischen Kooperationspartner sowie hochkarätige internationale Wissenschaftler aus dem Feld der Personalisierten Medizin zu einem zweitägigen Symposium zusammen. Eine zentrale Rolle bei der Tagung spielt die Präsentation der Kooperationsprojekte, die jeweils von einem israelischen Wissenschaftler und einem Helmholtz-Forscher geleitet werden.

So erforschen beispielsweise Stefan Wiemann vom DKFZ und Adit Ben Baruch von der Universität Tel Aviv bei einer sehr aggressiven Form von Brustkrebs, ob bestimmte entzündungsfördernde Substanzen die Anti-Tumorimmunität hemmen. Das Ziel der Forscher ist es, die Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Immunregulatoren zu durchschauen, um das Abwehrsystem mit Medikamenten gezielt in die gewünschte Richtung zu lenken.

Viele Proteine in unseren Zellen sind an bestimmte Zuckermoleküle gekoppelt. Im Gehirn von Alzheimer-Patienten weichen diese Zucker-Anhängsel häufig ab. Merav Shmueli und Stefan Lichtenthaler vom Deutschen Zentrum für Degenerative Erkrankungen in Bonn und Daniel Segal von der Universität Tel Aviv untersuchen, ob sich diese abweichenden Zucker-Muster als diagnostischer Biomarker für eine beginnende Alzheimer-Demenz eignen und welche Rolle sie bei der Entstehung des Krankheitsbildes spielen.

Auch bei Infekten bestimmen zahlreiche Faktoren - sowohl des Wirts als auch des Erregers -den Verlauf der Krankheit und den Erfolg der Therapie, erläutert Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover. Sepsis, die umgangssprachlich als Blutvergiftung bezeichnete generalisierte Form einer Infektion, verläuft oft tödlich. Heute wissen Ärzte, dass der Immunstatus von Sepsis-Patienten extrem variiert. Manche zeigen eine überschießende Immunantwort, bei anderen dagegen schwächelt das Abwehrsystem. Mihai Netea von der Universitätsklinik Nijmegen in Holland stellt einen personalisierten Ansatz vor, der diese Begebenheiten berücksichtigt. So will er maßgeschneiderte unterstützende Immuntherapien entwickeln, die diese hochgefährdeten Patienten retten können.

Um die bei der Personalisierten Medizin eingesetzten umfassenden Erbgutanalysen drehen sich intensive ethische und rechtliche Debatten. Einer der wichtigsten Punkte ist der Umgang mit Zusatzbefunden, also Hinweisen auf behandelbare oder vorbeugbare Erkrankungen oder auch Hinweise auf nichtbehandelbare bzw. vererbbare Erkrankungen. Soll es eine Mitteilungspflicht geben? Wie gehen Forscher verantwortungsvoll mit Befunden um? Eva Winkler vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg legt in ihrem Vortrag den aktuellen Stand der Diskussionen dar.

In Übersichtsvorträgen präsentieren außerdem prominente Redner wie die Krebsgenetikerin Anne-Lise Boressen-Dale vom Universitätskrankenhaus Oslo, der Genomforscher Mike Snyder von der Stanford University sowie der Systembiologe Luis Serrano Pubul vom Center for Genomic Regulation in Barcelona ihre Arbeit.

Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Tagung teilzunehmen.

*DKFZ Deutsches Krebsforschungszentrum
MDC Max Delbrück Centrum
DZNE Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen
HMGU Helmholtz Zentrum München
HZI Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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