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Kontrastprogramm für Lungentumoren

Zuverlässigere Prognose ermöglicht fundiertere Therapieentscheidung

Nr. 79 | 20.09.2006 | von (And)

Mit einer verfeinerten Diagnostik wollen Radiologen bestimmten Lungentumoren begegnen, bei denen die klassischen Behandlungsmaßnahmen bislang versagen. In einer Pilotstudie an 19 Patienten mit Pleuramesotheliomen zeigten Radiologen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zusammen mit Heidelberger und amerikanischen Kollegen, dass die dyna¬mische, kontrastverstärkte Magnetresonanztomographie (Dynamic contrast-enhanced Magnetic resonance imaging, DCE-MRI) ein charakteristisches Bild funktioneller Parameter des Krebsherdes liefert. Diese Erkenntnisse in Kombination mit morphologischen Faktoren helfen dem behandelnden Arzt, die Prognose des Patienten genauer abzuschätzen und die therapeutischen Maßnahmen auf die individuellen Anforderungen des Betroffenen zuzuschneiden.

Das Pleuramesotheliom ist eine Form von Lungenkrebs, die in neun von zehn Fällen in Verbindung mit einer Asbestbelastung auftritt. Im Gegensatz zum Bronchialkarzinom, dem typischen Rauchertumor, entwickelt sich dieser Krebs über einen Zeitraum von zwanzig bis fünfzig Jahren. Die Asbestlunge trifft zwar weitaus weniger Menschen als die Raucherlunge, jedoch steht sie ihr in der Bedrohlichkeit in nichts nach. Chemotherapie, Bestrahlung und chirurgische Behandlung stoßen derzeit recht bald an ihre Grenzen. Solange keine neuen therapeutischen Optionen verfügbar sind, ist es deshalb von größter Wichtigkeit, die Eigen¬schaften der bösartigen Geschwulst genau zu kennen, um die Aggressivität des Tumors vor¬hersagen zu können. Diesem Ziel sind Dr. Frederik Giesel sowie weitere Mitarbeiter der Abteilung Radiologie im DKFZ und ihre Kooperationspartner von der Thoraxklinik Heidelberg und dem Ohio State University Medical Center, USA, mit einer Pilotstudie ein Stück näher gekommen.

Die Wissenschaftler verfolgten mit Hilfe der DCE-MRI, wie schnell sich ein Kontrastmittel in der Zelle anreichert und wie rasch es wieder abgebaut wird. Das Ausmaß der Blutgefäße, die sich im Tumor bilden, um ihn mit Nährstoffen zu versorgen, konnten die Radiologen in der Pilotstudie ebenfalls mit dem bildgebenden Verfahren bestimmen. Erkennbar sind so genannte "Hot Spots", zentrale Stellen, in denen das Gefäßnetz besonders dicht ist. Diese waren für die Forscher vor allem deshalb so interessant, weil sie in dem Sammelsurium der Zelltypen eines Tumors das Augenmerk genau auf die widerspenstigen Kandidaten lenken, die gegen eine Chemotherapie resistent sind und ein aggressives Wachstum der Geschwulst erwarten lassen. Anhand der funktionellen Parameter konnten die Forscher die Patienten in zwei Gruppen unterteilen. Die, die auf die Therapie ansprachen, überlebten im Mittel 780 Tage; bei einer Resistenz blieben den Betroffenen dagegen nur 480 Tage. Die Heterogenität der Zellen ist für den Arzt ein wichtiger Anhaltspunkt für die Prognose des Patienten und bildet damit eine wichtige Entscheidungsgrundlage bei der Wahl der effektivsten Therapie.

Noch sind die Ergebnisse aufgrund der geringen Patientenzahl mit Vorsicht zu genießen. Vieles spricht aber für das bildgebende Verfahren: Bei Brust-, Gebärmutterhals- und Hirntumoren lieferte die Analyse mittels DCE-MRI wichtige Hinweise darauf, welcher Patient auf eine medikamentöse oder Strahlentherapie ansprechen wird. Die Übertragung der Methode auf die Lunge war zunächst wegen der Bewegung des Organs beim Atmen und durch den Herzschlag schwierig. Durch kürzere Aufnahmezeiten und die Optimierung weiterer Faktoren wurde dieses Problem jedoch weitgehend ausgeräumt. Als nicht-invasives Verfahren ohne Strahlenbelastung für den Patienten erweist sich die Magnetresonanztomographie auch der CT und der PET (Computer- bzw. Positronenemissionstomographie) als überlegen. Selbst die PET, die für viele funktionelle Untersuchungen die Methode der Wahl ist, unterliegt hier, da sie relativ teuer ist und keine morphologischen Daten liefert.
Bevor die DCE-MRI in der klinischen Routine bei Lungentumoren zum Einsatz kommen kann, sind jedoch weitere Untersuchungen an größeren Patientengruppen erforderlich. Ermutigend sind die Ergebnisse der Pilotstudie aber allemal.

Publikation: Frederik L. Giesel, Helge Bischoff, Hendrik von Tengg-Kobligk, Marc-André Weber,
Christian M. Zechmann, Hans-Ulrich Kauczor, and Michael V. Knopp:
Dynamic Contrast-Enhanced MRI of Malignant Pleural Mesothelioma: A Feasibility Study of Noninvasive Assessment, Therapeutic Follow-up, and Possible Predictor of Improved Outcome
Chest, Jun 2006; 129: 1570 - 1576.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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