Neben der Erbinformation, die in der Basenabfolge der DNA festgelegt ist, existiert ein zweiter Code des Lebens: Chemische Veränderungen an der DNA oder an ihren Verpackungsproteinen, den Histonen, bilden eine zusätzliche Steuerungsebene, die darüber entscheidet, welche Gene tatsächlich abgelesen werden. Dieser „epigenetische“ Code hat entscheidenden Einfluss auf alle zellulären Vorgänge – und damit auch darauf, ob eine Zelle zur Krebszelle entartet.
„Die Forschungsprojekte, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Epigenetik und Krebs befassen, sind inzwischen kaum mehr zu überschauen. Es wurde höchste Zeit, dass wir mit regelmäßigen Konferenzen zu diesem Thema eine Plattform für den Erfahrungsaustausch untereinander schaffen“, sagt Christoph Plass vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), einer der Organisatoren der Tagung. Sein DKFZ-Kollege Karsten Rippe, ebenfalls einer der Organisatoren, ergänzt: „Die Konferenz soll von nun an alle zwei Jahre stattfinden und das Fachgebiet in seiner ganzen Breite abdecken.“
So dreht sich ein Teil der Konferenz um die Frage, wie Veränderungen im epigenetischen Code das fein austarierte Zusammenspiel der zellulären Signalwege durcheinanderbringen und damit die Krebsentstehung fördern. Joseph Costello von der Universität San Francisco beschreibt etwa, wie sich genetische und epigenetische Mutationen bei der Weiterentwicklung von gutartigen zu aggressiven Hirntumoren zeitlich und räumlich nahezu parallel entwickeln und schließlich gemeinsam die Zelle entarten lassen.
Die epigenetische Programmierung ist entscheidend für die Identität einer Zelle. Das verdeutlicht unter anderem der Vortrag von Frank Lyko vom DKFZ. Er hat Hinweise darauf gefunden, dass die verschiedenen Subtypen von Darmkrebs aus unterschiedlichen Ursprungszellen in der Darmschleimhaut hervorgehen. So könnten die spezifischen DNA-Methylierungsmuster dieser Zellen für die genaue Klassifizierung von Darmtumoren herangezogen werden.
Auch Toshikazu Ushijima vom National Cancer Center Research Institute, Tokyo, sieht epigenetische Muster als hilfreiche Biomarker: Bei bestimmten Krebsarten, etwa dem Neuroblastom oder Magenkrebs, können sie den weiteren Verlauf der Erkrankung vorhersagen.
Bei zahlreichen Fragen hat die Krebs-Epigenetik die Grundlagenforschung hinter sich gelassen und Wissenschaftler sind schon dabei, ihr Wissen über epigenetische Zusammenhänge in klinische Anwendungen zu übersetzen. Stephen B. Baylin von der Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, ist einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Er berichtet über verschiedene Ansätze, epigenetische Veränderungen in Tumoren als Zielstrukturen für neuartige Krebstherapien zu nutzen. Andere Projekte sind sogar bereits in der Phase der klinischen Prüfung. So berichtet Olaf Witt, DKFZ und Universitätsklinikum Heidelberg, über eine inzwischen abgeschlossene klinische Studie. Darin wurde die Wirksamkeit des epigenetisch wirkenden Medikaments Vorinostat gegen Leukämien und solide Tumoren bei Kindern geprüft – die Auswertung wird in Kürze beginnen.
Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Konferenz teilzunehmen.