Das besondere an den „Proof of Concept“-Grants des ERC: Dieses Fördermittel kann nur beantragen, wer bereits eine ERC-Förderung erhält. Der Forschungsrat will damit den Wissenschaftlern ermöglichen, eventuelle Anwendungsbereiche ihrer in einem ERC-Förderprojekt erzielten Forschungsergebnisse zu prüfen und zu erschließen. „Es ist unser erklärtes Ziel im Deutschen Krebsforschungszentrum, alle wissenschaftlichen Ergebnisse konsequent auf Anwendbarkeit und Verwertbarkeit zu überprüfen: Das gilt sowohl für mögliche medizinische Verbesserungen, die Patienten so schnell wie möglich zugutekommen sollen, als auch für wirtschaftliche Verwertung, beispielsweise von verbesserten Reagenzien für die Forschung“, sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ.
Nina Papavasiliou (ERC Consolidator Grant 2016) untersucht besondere Veränderungen des Erbmoleküls RNA, deren Bedeutung bislang wenig verstanden ist: Boten RNAs (mRNAs), die Abschriften der Gene, enthalten häufig modifizierte Bausteine. Wissenschaftler vermuten, dass Zellen diese Modifikationen als eine weitere Kontrollebene einsetzen, um die Menge des Proteins zu regulieren, dessen Bauplan vom jeweiligen Gen abgelesen wird. Um die tatsächliche Rolle dieser Modifikationen in gesunden und kranken Zellen besser zu untersuchen, ist ein einfaches, aber hochspezifisches Nachweisverfahren erforderlich. Bisher erhältliche Antikörper gegen die veränderten RNA-Bausteine reagierten häufig unspezifisch oder können sich nicht ausreichend fest an ihre Zielstruktur binden. Nina Papavasiliou hat in ihrem Labor ein Immunisierungssystem entwickelt, das besonders geeignet ist, hochqualitative und gleichzeitig hochspezifische Antikörper zu generieren. Damit plant die Wissenschaftlerin, Antikörper gegen die am meisten verbreiteten RNA-Modifikationen zu generieren. Nina Papavasiliou ist davon überzeugt, dass mit einer geeigneten Nachweismethode die rätselhafte Rolle der modifizierten RNA-Bausteine besser verstanden werden kann.
Auch Mathias Heikenwälder (ERC Consolidator Grant 2016) erhält die ERC-PoC-Förderung für die Entwicklung spezifischer Antikörper. Der Entzündungs-Spezialist hatte kürzlich herausgefunden, dass in die Leber einwandernde Blutplättchen die Entwicklung einer bestimmten Form von Leberentzündungen (NASH, nicht-alkoholische Steatohepatitis) fördern, die wiederum zu Krebs entarten kann. Medikamente, die gegen die Blutplättchen gerichtet sind, können diesen Prozess aufhalten und so bei Mäusen die Entstehung von Leberkrebs verhindern, wie Heikenwälder bereits zeigen konnte. Bei Menschen, die diese Medikamente einnehmen, kommt es seltener zu einer entzündlichen Fettleber. Jedoch haben die gegen Blutplättchen gerichteten Wirkstoffe teilweise schwerwiegende Nebenwirkungen. Heikenwälder und Kollegen haben auf der Oberfläche der Plättchen ein Enzym identifiziert, das für die Entstehung der Entzündung verantwortlich ist. Das Ziel der Forscher ist es nun, therapeutische Antikörper zu generieren, die dieses Enzym spezifisch hemmen. Dadurch ließe sich die gefährliche Kaskade von Entzündung und Krebsentstehung unterbrechen, ohne zugleich die lebenswichtige Funktion der Blutplättchen – die Blutgerinnung – zu beeinträchtigen. Langfristig ist das Ziel von Heikenwälder und Kollegen, mit einem geeigneten Antikörper einen Beitrag zur Prävention von Leberkrebs zu leisten.
Bilder von Nina Papavasiliou und Mathias Heikenwälder stehen zum Download zur Verfügung:
Papavasiliou-Nina.jpg
Heikenwaelder-Mathias.jpg
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