Die Akute Myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Krebserkrankung des blutbildenden Systems im Knochenmark. Man spricht von einer genetischen Erkrankung, weil in den Krebszellen oft Genmutationen nachweisbar sind, die in gesunden Zellen des betroffenen Menschen nicht vorhanden sind. Daraus schließt man, dass diese entscheidend zur Entwicklung der bösartigen Erkrankung beitragen können.
Bei der AML ist seit langem bekannt, dass man anhand von bestimmten Chromosomen-Veränderungen der Leukämiezellen den Verlauf der Erkrankung vorhersagen kann. Bei den seltener vorkommenden Mutationen ist die prognostische Bedeutung bisher zumeist unklar. Dies galt zum Beispiel auch für das Auftreten eines zusätzlichen Chromosoms 13 (Trisomie 13), was nur bei etwa einem Prozent der AML-Patienten beobachtet wird. Um derartige Veränderungen erforschen zu können, sind deshalb sehr hohe Fallzahlen notwendig. Die Zusammenarbeit der AML-Studiengruppen (AMLCG & SAL) im Rahmen des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) ermöglichte es, eine große Anzahl von Patienten auf ihre genetischen Veränderungen hin zu untersuchen. Daran nahm unter anderem die Klinische Kooperationsgruppe (KKG) „Pathogenese der Akuten Myeloischen Leukämie“ teil, eine gemeinsame Einrichtung des Helmholtz Zentrums München (HMGU) und der Medizinischen Klinik III am Klinikum der LMU München.
Das Team um Dr. Tobias Herold, Dr. Philipp Greif, Prof. Karsten Spiekermann und Prof. Wolfgang Hiddemann, dem KKG-Leiter und Direktor der Medizinischen Klinik III der LMU, konnte im Rahmen dieser Untersuchungen nun erstmalig zeigen, dass die Trisomie 13 bei der AML mit einer sehr schlechten Prognose verknüpft ist. „Dieses Ergebnis beruht auf klinischen und zytogenetischen Daten von ca. 7.000 Studienpatienten“, betont Greif. „Wegen der Seltenheit dieser Mutation konnten wir nur in rund 30 Fällen ein zusätzliches Chromosom 13 nachweisen.“
Eine Besonderheit zeigte sich beim Mutationsprofil: „Wir fanden bei nahezu allen AML-Patienten mit Trisomie 13 zusätzliche Mutationen in den sogenannten Spliceosom-Genen“, sagt Herold. „Die Splicing-Maschinerie sorgt in den Zellen für den korrekten Zusammenbau von verschiedenen Genabschnitten. Ist sie gestört, kann dies zur Krebsentstehung beitragen.“
Bei diesem Prozess möchten die Forscher künftig ansetzen, um neue Behandlungen zu entwickeln: „Spliceosom-Inhibitoren befinden sich allerdings noch in einer frühen Phase der klinischen Erprobung“, so Herold, „aber sie bieten in Zukunft möglicherweise einen neuen Therapieansatz bei Patienten mit genetischen Veränderungen im Splicing-Apparat als individuelle Krankheitsursache.“
Herold, T. et al. (2014). Isolated trisomy 13 defines a genetically homogenous AML subgroup with high frequency of mutations in spliceosome genes and poor prognosis, Blood First Edition Paper, prepublished online June 12, 2014; DOI 10.1182/blood-2013-12-540716