Wenn Teile der EML4- und ALK-Gene fusionieren, entsteht ein abnormales Fusionsprotein, das das Krebswachstum fördert. Die Länge und Struktur dieses Fusionsproteins variieren jedoch, je nachdem, wo die Gene brechen und sich wieder verbinden. „Bislang wurden alle Patienten mit ALK-Fusionen in eine Gruppe zusammengefasst und mit denselben Medikamenten behandelt“, erklärt Rocío Sotillo vom DKFZ. „Unsere Forschung zeigt, dass dieser einheitliche Ansatz wichtige biologische Unterschiede der verschiedenen Varianten der Fusionsproteine außer Acht lässt.“
Unterschiedliche Varianten, unterschiedliche Ergebnisse
Mithilfe der CRISPR/Cas9-Technologie schufen die Forscher Mausmodelle, die die beiden häufigsten menschlichen Varianten reproduzieren. Damit fanden sie heraus, dass die V3-Variante viel aggressivere Tumoren verursacht als die V1-Variante. Mäuse mit V3-getriebenen Tumoren entwickelten schneller größere Tumormassen und hatten eine kürzere Überlebenszeit.
Die Forscher untersuchten auch den Einfluss von 29 sogenannten Tumor-Suppressorgenen auf die fusionsgetriebenen Lungentumoren. Tumor-Suppressorgene schützen normalerweise vor unkontrolliertem Zellwachstum. Überraschenderweise stellte sich heraus, dass ihre Wirkung stark von der jeweiligen EML4-ALK-Variante abhängt: Während einige Suppressorgene das Wachstum von V1-Tumoren verlangsamten, hatten sie kaum Auswirkungen auf V3-Tumoren – und umgekehrt.
Auswirkungen auf die Behandlung
Patienten mit Lungenkrebs, der durch ein EML4-ALK Fusionsprotein angetrieben wird, können mit zielgerichteten Therapien, sogenannten ALK-Inhibitoren, behandelt werden. Die Medikamente blockieren das Fusionsprotein und verlangsamen das Tumorwachstum. „Wir haben festgestellt, dass das Ansprechen auf das Medikament tatsächlich von der Fusionsvariante abhängt“, erklärt Studienautor Mulham Najajreh „Tumorzellen mit der V1-Variante reagierten viel empfindlicher auf den ALK-Inhibitor Lorlatinib, während diejenigen mit der V3-Variante resistent waren. Wir haben auch gesehen, dass zusätzliche genetische Veränderungen, wie der Verlust des Tumorsuppressors PTEN, die Wirksamkeit der Behandlung weiter verändern können.“
Eine Auswertung der Daten aus dem bislang größten Patientendatensatz von EML4-ALK-positiven Lungenkrebserkrankungen bestätigte die Unterschiede: Patienten mit unterschiedlichen Varianten wiesen häufig unterschiedliche Co-Mutationen auf. Das legt nahe, dass EML4-ALK-getriebene Formen von Lungenkrebs differenzierter betrachtet und in Zukunft möglicherweise auch variantenspezifisch behandelt werden sollten.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich nicht alle EML4-ALK-Fusionen gleich auswirken. Das könnte erklären, warum manche Patienten deutlich besser auf Therapien ansprechen als andere“, sagt Studienleiterin Rocío Sotillo vom DKFZ. „Langfristig könnte die Kenntnis der genauen Fusionsvariante dazu beitragen, Behandlungen auszuwählen, die noch spezifischer auf die individuelle Erkrankung zugeschnitten sind.“
Diese Forschung wurde vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung, Worldwide Cancer Research und den National Institutes of Health unterstützt.
Publikation:
Alberto Diaz-Jimenez, Emily G. Shuldiner, Kalman Somogyi, Karen Shih, Oscar Gonzalez-Velasco, Mulham Najajreh, Stewart Kim, Filiz Akkas, Christopher W. Murray, Laura Andrejka, Min K. Tsai, Benedikt Brors Ilse Hofmann, Smruthy Sivakumar, Saumya D. Sisoudiya, Ethan S. Sokol, Hongchen Cai, Dmitri A. Petrov, Monte M. Winslow, and Rocio Sotillo: EML4-ALK variant-specific genetic interactions shape lung tumorigenesis. Cancer Discovery, 2025. DOI: https://aacrjournals.org/cancerdiscovery/article/doi/10.1158/2159-8290.CD-24-1417