Jedes Jahr wird nur etwa 50 Personen die Ehre zuteil, neu in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählt zu werden. Zu diesem Kreis zählt dieses Jahr Michael Boutros, der die Abteilung “Signalwege und Funktionelle Genomik“ am Deutschen Krebsforschungszentrum leitet und eine Professur an der Universität Heidelberg innehat. Er wurde in die Klasse Lebenswissenschaften der Leopoldina gewählt.
Michael Boutros erforscht die zellulären Signalwege, die zur Entstehung von Krebs beitragen, wenn sie gestört sind. Um die komplizierten Netzwerke zu verstehen, untersucht er sowohl menschlichen Zellen als auch mit verschiedene Modellorganismen. Boutros entwickelte mehrere Hochdurchsatz-Methoden, mit denen er die Funktionen von Tausenden von Genen gleichzeitig untersuchen kann. Das ermöglicht es, den Einfluss einzelner Störfaktoren auf verschiedene Signalwege oder ganze Netzwerke zu überblicken.
Boutros studierte Biologie und Biochemie an den Universitäten von Aachen, Witten/Herdecke sowie New York und promovierte am Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg. Anschließend forschte er an der Harvard Medical School in Boston. 2003 wechselte er ans DKFZ, wo er eine Nachwuchs-Forschungsgruppe aufbaute. Seit 2008 ist Michael Boutros Professor an der Universität Heidelberg und Abteilungsleiter am DKFZ. Von 2015 bis 2016 war er kommissarischer Vorstandsvorsitzender und Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ. Er ist außerdem Direktor des Marsilius-Kollegs der Universität Heidelberg, das als Institute for Advanced Studies Brücken zwischen den Wissenschaftskulturen schlägt.
Im Jahr 2007 erhielt Michael Boutros den Johann-Zimmermann Forschungspreis für Krebsforschung, 2018 einen Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) und ist seit 2013 gewähltes Mitglied der EMBO.
Bereits 2020 wurden Uwe Haberkorn (Universitätsklinikum Heideberg und DKFZ), Stefan Pfister, Direktor des Hopp-Kindertumorzentrums (DFKZ und UKHD) sowie Wolfgang Wick (DKFZ und UKHD) in die Klasse Medizin der Leopoldina gewählt. Verzögert durch die Corona-Pandemie erhalten die drei Mediziner erst in diesem Jahr beim Symposium ihrer Fachklasse ihre Ernennungsurkunden. Insgesamt zählen nun elf Wissenschaftler aus dem DKFZ zum Kreis der Leopoldina-Mitglieder.
Uwe Haberkorn ist ärztlicher Direktor der Abteilung Nuklearmedizin am UKHD und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Nuklearmedizin am DKFZ. Der Nuklearmediziner entwickelt neue radioaktive Medikamente (Radiopharmaka), die sowohl zur Diagnostik als auch zur Therapie von Krebspatienten eingesetzt werden können. 2018 wurde er dafür mit dem Erwin-Schrödinger-Preis der Helmholtz-Gesellschaft ausgezeichnet.
Der Kinderarzt und Molekularbiologe Stefan Pfister ist einer der drei Direktoren des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ), leitet seit 2012 die Abteilung für Pädiatrische Neuroonkologie am DKFZ und ist Professor für Kinderonkologie am UKHD. Er gilt als weltweit führender Spezialist für kindliche Hirntumoren. Er hat unter anderem eine neue Klassifikation von Hirntumoren entwickelt, die inzwischen breiten Eingang in die Klassifikationen kindlicher Hirntumoren der Weltgesundheitsorganisation WHO gefunden hat. Zu seinen zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen zählen der Deutsche Krebspreis 2013 sowie der Léopold Griffuel Award 2021.
Wolfgang Wick ist geschäftsführender Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg und leitet die Klinische Kooperationseinheit Neuroonkologie am DKFZ. Der Neurologe beschäftigt sich mit grundlegenden, translationalen und klinischen Fragestellungen zu hirneigenen Tumoren und Krebsmetastasen im zentralen Nervensystem. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Therapieresistenzmechanismen sowie die Präzisierung der Hirntumortherapie durch Biomarker und Immuntherapie. Zu seinen zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen zählt unter anderem der Deutsche Krebspreis 2015.
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Sie hat 1.600 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen.