Nr. 61c

Das dritte im Bunde: Zusätzliches Chromosom macht bestimmte kindliche Tumoren besonders aggressiv

Mikroskopische Darstellung einer Zelle mit gefärbten Strukturen. Der Zellkern ist in Blau und Rot markiert, umgeben von grünen Fasern, die die Zellstruktur darstellen. Die Farben deuten auf verschiedene Zellbestandteile hin und helfen, die zellulären Prozesse zu verstehen.
Sich teilende Ewing-Sarkom-Zellen. Die DNA ist blau gefärbt; rot und grün sind Mikrofilamente, die Erbgut und Zellstrukturen auseinanderziehen.

Die Krebszellen bestimmter Knochen- oder Weichteiltumoren bei Kindern und Jugendlichen, dem Ewing-Sarkom, tragen eine zusätzliche Kopie eines Chromosoms, das sie besonders aggressiv wachsen lässt. Ein Forscherteam vom Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) und dem Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) zeigt jetzt, dass Chromosom 8 und seine Genaktivität entscheidend mit dem Überleben der Betroffenen korreliert und gleichzeitig eine neue Angriffsstelle für gezielte Therapien beim Ewing-Sarkom sein könnte.

 

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).

Ewing-Sarkome sind bösartige Knochen- oder Weichteiltumoren, die vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftreten. Sie entstehen meist durch Verschmelzung bestimmter Gene im Erbgut der Tumorzellen. Bisher ging man davon aus, dass Ewing-Sarkome im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen genetisch relativ „einheitlich“ sind, weil sie nur wenige Veränderungen zeigen. Trotzdem verlaufen die Erkrankungen sehr unterschiedlich, manche Patientinnen und Patienten sprechen gut auf bestimmte Therapien an, während der Krebs bei anderen trotz Behandlung aggressiv voranschreitet.

Die neuen Ergebnisse zeigen, dass eine zusätzliche Kopie des Chromosoms 8 eine wichtige Rolle bei sehr aggressiven Verläufen des Ewing-Sarkoms spielt. Diese Veränderung findet sich in etwa 50 % aller Ewing-Sarkome und ist mit einer schlechteren Überlebenschance verbunden, wie die Studie des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ), des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) und des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) zeigen konnte. Das Forschungsteam um Thomas Grünewald, Forschungsgruppenleiter am KiTZ und DKFZ, korrelierte dafür die Genaktivität auf Chromosom 8 in den Tumorproben von über 200 Patientinnen und Patienten mit deren Krankheitsverlauf. Besonders das Gen EIF4EBP1 auf diesem Chromosom scheint ein entscheidender Treiber zu sein. Ist es besonders aktiv, wachsen die Tumorzellen schneller und aggressiver.

Das zeigte auch die molekulargenetische und Proteinanalyse der Tumorproben: Das zusätzliche Chromosom 8 in den Krebszellen führt dazu, dass diese Zellen auch mehr von dem Protein produzieren, das vom Gen 4E-BP1 verschlüsselt wird. Schalteten die Forscherinnen und Forscher das Gen in Ewing Sarkom Zellen dagegen aus, führte das zu einer deutlichen Verlangsamung des Tumorwachstums, sowohl in Zellkulturen als auch in Mäusen. Gleichzeitig waren Tumorzellen mit hohen 4E-BP1-Werten empfindlicher gegenüber bestimmten zielgerichteten Krebsmedikamenten. 

„Die Ergebnisse könnten demnach auch dabei helfen, im Rahmen klinischer Studien neue zielgerichtete Therapien für diese Gruppe von Betroffenen zu entwickeln“, sagt Thomas Grünewald. Chromosom 8 scheint zudem ein vielversprechender Biomarker, um abzuschätzen, welche Patientinnen und Patienten ein höheres Risiko für einen aggressiven Krankheitsverlauf haben und wer möglicherweise besonders von einer Behandlung mit den entsprechenden Medikamenten profitieren könnte.

Originalpublikation: 
C. M. Funk et al. High 4E-BP-1 expression associates with chromosome 8 gain and CDK4/6 sensitivity in Ewing Sarcoma. In: Journal of Clinical Investigation (Online Publikation 16. Oktober 2025) DOI: 10.1172/JCI187627

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