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Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Der digitalisierte Patient

Die Medizin der Zukunft setzt große Hoffnungen in „Big Data" und „Multi-Omics". einblick sprach mit dem Genomforscher Stefan Wiemann darüber, was Krebspatienten heute schon davon erwarten können.

© Tobias Schwerdt/DKFZ

Herr Professor Wiemann, Genomik, Proteomik, Hochdurchsatz-Sequenzierung, Big Data – die Krebsmedizin der Zukunft pflegt eine Sprache mit vielen ungewohnten Begriffen.

Stefan Wiemann: So neu sind die Begriffe gar nicht. Die Technologien haben jedoch längere Zeit keinen Eingang in den klinischen Bereich gefunden.


Was steckt dahinter?

Zunächst einmal das Bemühen zu verstehen, wie es zu einer Krankheit wie Krebs überhaupt kommt. Der Weg zu neuen Therapien geht vor allem über dieses grundlegende Verständnis. Die moderne Krebsforschung nutzt hierzu insbesondere Methoden, die auf die Ebene der Moleküle zielen – also auf Gene und Proteine, Signalketten und Netzwerke innerhalb einer Zelle sowie die Kommunikation der Zellen untereinander. Das Ziel dabei ist, molekulare Erkenntnisse über einzelne Patienten für gezielte Anwendungen in der Medizin zu nutzen.

 

Wie kann man solch fundamentalen Prozessen überhaupt nahekommen?

Wir verfügen heute über zahlreiche Techniken, mit denen sich die molekulare Welt erschließen lässt, von der Massenspektroskopie über bildgebende Verfahren bis hin zu Sequenzierern der jüngsten Generation. Das Krebsforschungszentrum ist hier sehr gut aufgestellt. Bei dieser Art Forschung fallen große Datenmengen an. Diesen Datenschatz – man spricht von „Big Data" – gilt es, intelligent auszuwerten, wozu wir beispielsweise
die Bioinformatik heranziehen.

 

Fangen wir mit den Begriffen Genom und Genomik an. Was ist das, worum geht es?

Als Genom wird die Gesamtheit aller Gene und anderer Abschnitte auf den Chromosomen in einer Zelle bezeichnet. Das Genom umfasst alle Informationen, die notwendig sind, damit ein Lebewesen – ob Maus oder Mensch – entstehen kann. Es steuert zudem alle Lebensfunktionen. Die Genomik ist das Forschungsgebiet, das wissen will, wie das Genom funktioniert, wie es strukturiert und organisiert ist. Ein wichtiges Forschungsinstrument hierfür ist die bereits erwähnte Hochdurchsatz- Sequenzierung, ein automatisiertes Verfahren, das es erlaubt, mit großem Durchsatz – also in sehr kurzer Zeit – komplette Genome durchzubuchstabieren.


Und was hat das Genom mit der Krankheit Krebs zu tun?

Krebs ist geradezu das Musterbeispiel einer genomischen Krankheit. Wir wissen heute, dass Krebs auf molekularer Ebene beginnt: In den Zellen verändern sich Gene, deren Aufgabe es ist, die Teilung der Zelle in geordneten Bahnen zu halten. Wenn sich Zellen unkontrolliert vermehren, entsteht Krebs.


Und was meint Proteomik?

Das „Proteom" ist die Summe aller Proteine in einer Zelle. Proteine sind die eigentlichen „Macher" im Körper. Sie werden von der Zelle nach Anweisung der Gene zusammengebaut. Wenn sich ein Gen verändert, drückt sich das auch auf der Proteinebene aus: Das Protein fehlt dann beispielsweise, es arbeitet nicht mehr richtig, oder es ist überaktiv und lässt sich nicht mehr regulieren. Die Fachrichtung, die sich damit beschäftigt, ist die Proteomik.


Warum ist es wichtig, auch die Proteine zu betrachten?

Wenn sich Proteine verändern, kommt es zu Kommunikationsstörungen – wir sprechen von einer veränderten Signaltransduktion. Die Zellen können dann nicht mehr auf bremsende Signale reagieren. Darüber hinaus greifen die meisten Medikamente auf der Ebene der Proteine an. Veränderungen, die sich hier abspielen, haben deshalb für die Auswahl der am besten geeigneten Therapie eine besondere Aussagekraft.


Was haben Patienten von all diesem molekularbiologischen Grundlagenwissen?

Die grundlegende Erkenntnis ist, dass die Krebserkrankung eines Menschen ebenso individuell ist wie sein Erbgut. Das heißt: Die in einem bestimmten Tumor vorliegenden spezifischen Veränderungen können zum Ziel einer präzisen, einer personalisierten Therapie werden. Und um Patienten solch eine zielgerichtete Therapie anbieten zu können, brauchen wir so viele molekulare Daten vom Tumor wie möglich. Die Genomik war der erste große Schritt auf diesem Weg, die Proteomik ein zweiter. Weitere „Omics" werden hinzukommen, etwa die Metabolomik, die Erforschung aller mit den Genen und Proteinen verbundenen chemischen Prozesse.

 

Inwiefern kommt Patienten dieser Ansatz heute schon zugute?

In Heidelberg setzen wir die Genomanalyse um im sogenannten MASTER-Programm des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen, kurz NCT, und des Deutschen Krebskonsortiums, kurz DKTK. Dazu schicken die Ärzte der verschiedenen DKTK- Standorte Gewebeproben von Patienten an die „Zentrale Einheit für Genom und Proteom" hier im Krebsforschungszentrum. Bei uns erfolgt die Analyse, also die genombasierte Hochdurchsatzsequenzierung. Dazu nutzen wir modernste Technik; wir verfügen in unserer Serviceeinheit beispielsweise über eine der größten Next-Generation-Sequenziereinheiten in Europa.


Seit wann gibt es das Programm?

Das MASTER-Programm startete im Jahr 2013, seither haben wir die Tumorgenome von mehr als 1000 Patienten analysiert.

 

Und wie geht es nach der Analyse für den Patienten weiter?

Die genetischen Daten eines Patienten werden hinsichtlich ihrer klinischen Bedeutung ausgewertet. Das geschieht während einer allwöchentlichen Konferenz, dem „Molekularen Tumorboard". Daran nehmen Ärzte und Naturwissenschaftler teil. Das Ziel ist es, auf der Grundlage der molekularen Daten eine Therapieempfehlung auszusprechen.


Haben Sie ein Beispiel?

Vor allem junge Patienten mit Krebs im fortgeschrittenen Stadium und Patienten mit seltenen Tumorerkrankungen werden einbezogen. In manchen Fällen gelingt es, die Patienten aufgrund ihrer genetischen Daten übergeordneten Gruppen zuzuordnen, sogenannten „therapeutischen Baskets". Oft ergibt sich dann eine Behandlungsoption, die ohne die molekularen Daten nicht hätte erkannt werden können. Es ist meist leider nicht so, dass Patienten geheilt werden können – aber es kann unter Umständen ein verlängertes Überleben bei guter Lebensqualität erreicht werden. Das ist schon ein großer Erfolg.


Wie sieht die Krebsmedizin der Zukunft aus?

Künftig erhoffen wir uns eine genaue molekulare Diagnose und eine darauf aufbauende zielgerichtete Therapie. Das eine ist, den Tumor immer besser zu verstehen – dafür brauchen wir so viele biologische Daten wie möglich. Und das andere ist herausfinden, wo die molekularen Angriffspunkte sind, mit denen man diesen Tumor am besten bekämpfen kann.

 

Die Forscher erwarten von der Fülle der Daten einen enormen Erkenntnisgewinn, Betroff ene wünschen sich neue wirksame Therapien. Doch wer regelt, was mit den Daten geschieht? Welche Grenzen müssen zum Schutz des Patienten gezogen werden?

Solche Fragen diskutieren wir im Programm „Ethische und rechtliche Aspekte der Totalsequenzierung von menschlichen Genomen", kurz EURAT, im Heidelberger Marsilius-Kolleg. Wir wollen die Auswirkungen der Genomanalysen hinsichtlich medizinischer Anwendungen und der Patientenrechte durchleuchten und praktikable Lösungen für Patienten, Ärzte und Wissenschaftler erarbeiten. Eine wichtige Antwort vorab: Die genetischen Daten gehören dem Patienten, niemand anderem sonst. Und wie bei herkömmlichen Gewebeproben auch, liegt die Entscheidung darüber, was mit den Daten geschehen darf, letztlich beim Patienten. In Anbetracht der Fülle von Informationen, die in diesen Daten steckt, gehört es zu unseren Aufgaben, die Daten treuhänderisch zu schützen und Patienten beim verantwortungsvollen Umgang mit diesen Daten zu unterstützen.


Was ist, wenn eine Genomanalyse auch nicht gestellte Fragen beantwortet, also etwa auf zusätzliche Erkrankungen hinweist?

Ob und wie solche Zufalls- oder Zusatzbefunde den Patienten kommuniziert werden sollten, wird im EURAT-Programm aktuell intensiv diskutiert. Um die Frage zum Wohl des Patienten beantworten zu können, gilt es, zahlreiche weitere Punkte zu beachten. Die Folgen einer genetischen Erkrankung können für Betroffene beispielsweise sehr unterschiedlich ausfallen. Auch kann meist lediglich eine Wahrscheinlichkeit angegeben werden, mit der eine Krankheit zum Ausbruch kommen wird. Darüber hinaus ist das medizinische Wissen oft noch recht unvollständig. All das muss beim Umgang mit zufälligen Befunden – und jeweils im Einzelfall – beachtet werden.


Das Interview führte // Claudia Eberhard-Metzger

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