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Gut gezielt

Wenn Kinder an Krebs erkranken, stehen die Chancen meist gut, dass sie wieder gesund werden. Doch nicht in allen Fällen ist eine Heilung möglich. Neue, zielgerichtete Therapien sollen dazu beitragen, zukünftig noch mehr junge Patienten erfolgreich behandeln zu können.

© Flugkraft/KiTZ

Bei ihrem ersten Krankenhausaufenthalt ist Antonia zweieinhalb Jahre alt. In ihrem Gehirn wächst ein bösartiger Tumor. Viermal muss sie operiert werden. Doch der Tumor kommt immer wieder. Chemo- und Strahlentherapie helfen nicht. Für Antonia, die inzwischen acht Jahre alt geworden ist, scheint jede Hoffnung auf weitere Lebenszeit verloren. Die Ärzte sagen, sie sei austherapiert. Doch dann trifft sie auf Wissenschaftler im Hopp-Kindertumorzentrum am NCT Heidelberg (KiTZ), einer gemeinschaftlichen Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg. Hier wird unter Leitung des auf Hirntumoren spezialisierten Kinderonkologen Olaf Witt im Rahmen der INFORM-Studie der genetische Code ihres Tumors entschlüsselt und ein passendes Medikament gefunden. Antonia spricht sehr gut auf die Therapie an. Sie ist die erste Patientin in Deutschland, die unter wissenschaftlichen Aspekten und genauer Kontrolle mit diesem neuen Medikament behandelt wird. Ihr Beispiel soll Schule machen. „Der Fall der kleinen Antonia war ein Sechser im Lotto. Hier konnten wir nach der genetischen Analyse des Tumorgewebes ein zielgenaues Medikament einsetzen, das den Krebs erfolgreich bekämpfen kann", erklärt Olaf Witt, der das Translationale Programm im KiTZ leitet und zudem auch einer der Koordinatoren von INFORM ist. Das Akronym INFORM steht in der deutschen Übersetzung für „Individualisierte Therapie für Rückfälle von bösartigen Tumoren bei Kindern". Wissenschaftler und Ärzte des DKFZ, des Deutschen Krebskonsortiums (DKTK) und der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) möchten mithilfe der Studie mittelfristig die Krebstherapie bei Kindern verbessern, für die keine etablierte Therapieoption verbleibt. INFORM soll diesen Kindern eine zweite Chance eröffnen.

Die Achillesferse des Tumors finden

Dazu analysieren die Krebsexperten das Tumorerbgut zum Zeitpunkt des Rückfalls. Jener Jungen und Mädchen also, bei denen trotz intensiver Chemo- und Strahlentherapie erneut ein bösartiger Tumor aufgetreten ist. Bei diesen jungen Patienten sind alle gängigen Therapien ausgereizt und haben nicht zu einer dauerhaften Heilung geführt. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 2000 Kinder an Krebs. Circa 500 dieser Patienten erleiden nach der Behandlung einen Rückfall, und nur 100 von ihnen überleben derzeit. Etwa ein Drittel der 500 Patienten, bei denen die Krankheit zurückkehrt, wird aktuell in die INFORM-Studie aufgenommen. „Die Daten, die wir im Rahmen der Analyse des Krebsgewebes erhalten, sind populationsbasierte Daten, sie bilden also einen repräsentativen Querschnitt ab“, beschreibt der Kinderarzt und Molekulargenetiker Stefan Pfister die Größenordnung von INFORM. Stefan Pfister gehört wie Witt zu den INFORM-Koordinatoren und leitet das Präklinische Programm im KiTZ.

„Wir verschaffen uns einen Überblick über die Tumoren und deren Entstehung. Mit der genetischen Analyse des Tumors zum Zeitpunkt des Rückfalls können wir herausfinden, welche Faktoren das Wachstum des Krebses begünstigen. Im Idealfall finden wir ein passgenaues Medikament und können das Wachstum eindämmen oder sogar stoppen“, erläutert er das Studienziel. Im Gegensatz zur Chemo- oder Strahlentherapie schädigen diese zielgerichteten Medikamente oder neuen immuntherapeutischen Verfahren die gesunden Zellen deutlich weniger, sie sollen spezifisch die Krebszellen treffen. „Bei Kindern sehen wir eine größere Chance, erfolgreich zu sein, weil die Komplexität der Tumoren im Kindesalter deutlich niedriger ist als bei Erwachsenen“, sagt Stefan Pfister. Während bei Kindern häufig weniger als fünf Gene verändert sind, können es bei Erwachsenen Hunderte sein. Daher sei die Chance groß, die Achillesferse des Tumors zu finden, also die Mutationen, die das Wachstum des Tumors antreiben.

„Die Biologie des Tumorgewebes zu verstehen, ist entscheidend für eine akkurate Diagnose und für eine Risikoeinschätzung”, sagt Olaf Witt. Heute wisse man, dass sich die Biologie und Genetik der Tumoren nach einem intensiven „Beschuss“ unbehandelten Primärtumors unterscheidet. Das ist der Grund dafür, warum ursprünglich wirksame Therapien bei einem Wiederauftreten des Tumors häufig versagen. Es bedeutet auch, dass eine neue Therapie und ein neues Medikament gefunden werden müssen. Hier fehlen oft noch etablierte Behandlungsoptionen. „Um dieses Manko langfristig beheben zu können, haben wir das INFORM-Programm eingeführt, an dem sich inzwischen auch Zentren im Ausland beteiligen. Es dient dazu, neue molekulare Wirkorte zu identifizieren, die wir mit Medikamenten angreifen können.“

Unter dem Dach der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie wurde im Jahr 2015 das INFORM-Register gestartet. Deutschlandweit sind daran elf Studiengruppen und über 50 Rekrutierungszentren beteiligt. Koordiniert wird es vom DKFZ zusammen mit dem Universitätsklinikum Heidelberg sowie der Charité in Berlin. Neben dem Ziel, ein jeweils passendes Medikament zu finden, besteht der Zweck des INFORM-Registers auch darin, eine technische, strukturelle und genetische Informationsbasis für zukünftige klinische Studien im Bereich der personalisierten Kinderonkologie aufzubauen. Für solche klinische Studien ist es unerlässlich, dass die Krebszentren standortübergreifend kooperieren. Denn die Fallzahlen sind bei einer personalisierten Behandlung insbesondere bei Kindern – glücklicherweise – meist so gering, dass kein Standort eine solche Studie allein durchführen könnte.

Die Analysen werden deutschlandweit allen Kindern mit Krebsrückfällen angeboten. In einem der kinderonkologischen Zentren entnehmen die Ärzte Gewebeproben und schicken diese zur molekularen Analyse nach Heidelberg. Die Ergebnisse sollen dann in weniger als vier Wochen vorliegen. „Mit diesem Studienregister wird keine Therapie-Empfehlung gegeben. Der behandelnde Arzt hat Zugang zu den molekularen Informationen seines Patienten und entscheidet, ob und auf welche Weise er diese Daten für seine Therapie-Entscheidung nutzt“, sagt Stefan Pfister.

Präzise Diagnose – zielgerichtete Therapie

Mit einer anderen aktuellen Studie, die den Namen „Molekulare Neuropathologie 2.0“ trägt, möchten die Forscher überprüfen, wie molekulare Analysen dazu beitragen können, eine präzisere Diagnose zu stellen. In diesem Fall bei Kindern, bei denen erstmalig ein Hirntumor festgestellt wird. Parallel zur Forscher gezielt etwa 130 Gene in Tumor und Blut und untersuchen zudem auch die Methylierung des Erbgutes. Dabei handelt es sich um eine chemische Veränderung der DNA-Grundbausteine. „Die Methylierung gibt uns Auskunft darüber, aus welchem Gewebe der Krebs entstanden ist“, erläutert Pfister. Diese Zusatzinformation führt, wenn sie durch unabhängige qualitätsgesicherte Verfahren bestätigt wurde, bei einem von zehn Studienteilnehmern dazu, dass sich die ursprüngliche Diagnose und damit auch die Behandlung ändert.

Eine andere Studie, von der Kinder mit Hirntumoren profitieren sollen, ist die LOGGIC-Studie. „Es ist die weltweit größte Studie bei Kindern mit niedriggradigen Gliomen“, berichtet Olaf Witt. Bei diesen Tumoren des Gehirns wird der Grad der Bösartigkeit zwar als niedrig eingestuft, doch man könne sie in vielen Fällen nicht operieren, so Witt. Meistens bekommen die Kinder eine Chemotherapie, die sich zum Teil über viele Jahre erstreckt. Die therapiebedingten Nebenwirkungen sind häufig beträchtlich. Wissenschaftlern des DKFZ ist es inzwischen gelungen, einige der molekularen Ursachen der Erkrankung aufzuklären. „Dieses Wissen möchten wir nun nutzen, um im Rahmen der Studie ein neues zielgerichtetes Medikament gegen zwei Standard-Chemotherapien zu testen“, erläutert Witt. „Wir wollen etwas finden, was das Tumorwachstum beendet und gleichzeitig die Sehfunktion und die motorischen Leistungen der Patienten erhält.“

INFORM sowie alle anderen Studien auch profitieren bei der Analyse des Erbgutes von der hochmodernen Geräteinfrastruktur des DKFZ. Das INFORM-Team bestehend aus Kinderonkologen, Bioinformatikern, Biologen und Pharmakologen hat mittlerweile 500 erkrankte Kinder untersucht. „Aktuell finden wir allerdings nur in höchstens fünf Prozent der Fälle ein passendes Medikament, das die vermehrte Zellteilung der Krebszellen verhindern kann“, erklärt Olaf Witt. Die Ärzte und Wissenschaftler setzen nun alles daran, dass diese Zahl in der Zukunft noch deutlich größer wird. In Antonias Fall gab es etwas Passendes. Ein neues Medikament, das – wie die meisten bei INFORM eingesetzten Medikamente – bei Kindern noch nicht zugelassenen ist. Antonia nimmt nun seit einem dreiviertel Jahr eine Tablette täglich ein. Mit großem Erfolg. Alle Kontrollen und MRT-Untersuchungen haben ergeben, dass der Tumor bislang nicht mehr nachgewachsen ist.

// Silke Hoock

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