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Schwer zu fassen - und doch erwischt

Chronische Infektionen mit dem Hepatitis C-Virus können zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen. Seit einigen Jahren stehen hochwirksame, zielgerichtete Medikamente gegen den Krankheitserreger zur Verfügung. Ihre Entwicklung wurde möglich, nachdem es Ralf Bartenschlager und seinem Team erstmals gelungen war, das Virus im Labor zu vermehren.

© DKFZ/Tobias Schwerdt

Ihr Thema sind die Viren. Was fasziniert Sie daran?

Bartenschlager: Das Interessante an Viren ist, dass sie in der Lage sind, mit einem sehr geringen Anteil an eigenen Genen eine Zelle so umzuprogrammieren, dass diese geradezu gezwungen wird, neue Viren zu produzieren. Entweder stirbt die Zelle dann, oder – wie im Falle von vielen chronischen Infektionen – sie wird zwar verändert, geht aber nicht zugrunde, sondern produziert dauerhaft über Jahre und Jahrzehnte neue Viren.

Warum ist es so schwierig, Hepatitis C-Viren im Labor zu züchten?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Der wichtigste ist wohl, dass die Zelllinien, mit denen man im Labor arbeitet – häufig sind das Tumorzellen – bestimmte Faktoren verloren haben, die diese Viren für ihre Vermehrung brauchen.

Wie ist Ihnen schließlich gelungen, das Hepatitis C-Virus auch im Labor zu vermehren?

Der Trick war, ein System zu entwickeln, mit dem man sehr seltene Vermehrungsereignisse unter vielen, vielen Millionen von Zellen nachweisen kann. Wir haben in das Virus ein Resistenz-Gen eingebaut, sodass eine Zelle, die die Virusvermehrung unterstützt, resistent gegen ein Zellgift wird. Wenn man dieses Zellgift verabreicht, kann man aus Abermillionen von Zellen diejenigen herausfinden, in denen sich dieses Virus vermehrt.

Im Menschen vermehrt sich das Virus sehr erfolgreich, es nistet sich häufig chronisch ein. Warum gelingt es dem menschlichen Immunsystem nicht, das Virus wieder loszuwerden?

Es gibt Hinweise darauf, dass das Virus aktiv die Immunantwort gegen sich selbst unterdrückt. Zudem ist das Virus hochvariabel, sodass ständig neue Varianten entstehen, die von den gebildeten Antikörpern nicht erkannt werden. Darüber hinaus hat das Hepatitis C-Virus die Eigenschaft, sich in hohem Maße mit Lipiden, also mit Fetten, zu assoziieren, was die Zugänglichkeit für Antikörper erheblich erschwert. Zudem hat das Virus einen Weg gefunden, die Immunzellen abzuschalten, die dafür zuständig sind, infizierte Zellen abzutöten.

Die schlimmste Folge einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion ist Leberkrebs. Wie kommt es dazu?

Die Entstehung von Leberkrebs bei der chronischen Hepatitis C-Virusinfektion ist wenig verstanden, was daran liegt, dass wir keine Untersuchungssysteme haben. Ich kann eine komplexe Erkrankung wie Krebs nicht untersuchen, wenn ich eine Zelllinie, die von Krebszellen abstammt, mit dem Virus infiziere und dann schauen möchte, was passiert. Man braucht einen kompletten Organismus, aber das Virus lässt sich bisher nicht in Labortieren, etwa Mäusen oder Ratten, vermehren, sodass wir über die Krebsentstehung bisher wenig wissen.

Was ist bislang bekannt?

Der Hauptauslöser ist vermutlich eine chronische Entzündung. Man weiß: Patienten mit einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion haben eine über Jahre oder Jahrzehnte anhaltende Leberentzündung. Diese chronische Entzündung erhöht deutlich das Risiko für fortschreitende Leberschäden. Interessanterweise gehen die Leberzellen nicht am Virus selbst kaputt, sondern werden durch die Immunantwort abgetötet. Das hat den Vorteil: Wenn die Zelle zerstört ist, macht sie auch keine neuen Viren mehr. Der Nachteil ist, dass das Gewebe darunter leidet, wenn besonders viele Zellen zerstört werden. Der Körper reagiert darauf durch die Einlagerung von Bindegewebe. Die Leber vernarbt über die Zeit, sie schrumpft und verliert ihre Eigenschaft zu entgiften. Man spricht dann von der Leberzirrhose, und Zirrhotiker haben ein sehr hohes Risiko für einen Lebertumor. Daneben gibt es aber auch zunehmende Erkenntnisse, dass das Virus selbst direkt in bestimmte zelluläre Prozesse, wie beispielsweise die Kontrolle der Zellteilung, eingreift. Das könnte die Entstehung von Leberkrebs beschleunigen. Man muss aber ganz klar sagen: Die Infektion mit dem Hepatitis C-Virus per se ist kein Krebsereignis. Ob sich ein Tumor entwickelt und wie lange das dauert, hängt entscheidend von weiteren Faktoren ab. Die beiden wichtigsten zusätzlichen Risikofaktoren sind Alkoholkonsum und starkes Übergewicht.

Die neuen Medikamente gegen Hepatitis C-Virusinfektionen befreien mehr als 95 Prozent der Patienten von den Viren. Die Kosten einer Therapie können sich jedoch auf etwa 50.000 Euro belaufen. Halten Sie diesen hohen Preis für gerechtfertigt?

Das ist eine sehr politische Diskussion. Es gibt Länder, in denen die Therapie deutlich billiger ist. In Ägypten, wo ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung Virusträger sind, kostet eine Therapie 90 Dollar. Auch in Italien und Schweden liegt der Preis deutlich niedriger als bei uns. Ich denke, man kann und sollte durchaus auch hier die Preise entsprechend reduzieren, um die Therapie auf breiter Basis für alle Virusträger zur Verfügung zu stellen. Man darf davon ausgehen, dass die Preise mit zunehmender Konkurrenz auf dem Markt weiter fallen. In der Tat liegen die Kosten bei einigen vor kurzem zugelassenen Medikamenten bei 35.000 Euro pro Behandlung.

Für ihre Arbeiten zum Hepatitis C-Virus ausgezeichnet: Ralf Bartenschlager (Mitte) erhielt im vergangenen Jahr gemeinsam mit Charles M. Rice (links) und Michael J. Sofia den renommierten Lasker~deBakey Award für klinisch-medizinische Forschung.
© Albert and Mary Lasker Foundation

Weiß man, wie die Medikamente wirken?

Ja. Das Virus benötigt mehrere Enzyme, zwei davon sind die Angriffsziele. Das eine ist eine Protease. Es hat die Aufgabe, durch proteolytische Spaltung die reifen und funktionalen Proteine des Virus herzustellen. Wenn man dieses Enzym lahmlegt, kommt die Virusvermehrung zum Erliegen. Die zweite Medikamentengruppe greift an der viralen Polymerase an. Ohne dieses Enzym kann das Virus sein Erbgut nicht mehr vervielfältigen. Zudem hat man durch intensive Suchtests mit unserem Zellkultursystem unter Millionen von Substanzen eine weitere Klasse von hochpotenten, antiviralen Wirkstoffen gefunden. Als Angriffsziel hat sich ein viraler Faktor namens NS5A herausgestellt. Das ist ein virales Protein ohne enzymatische Aktivität, das eine sehr eigentümliche Struktur hat und verschiedene Aufgaben bei der Vermehrung des Hepatitis C-Virus ausübt. Das Besondere ist: Die Inhibitoren von NS5A sind die mit Abstand potentesten antiviralen Medikamente, was dazu geführt hat, dass sie mittlerweile Bestandteil von nahezu jeder Kombinationstherapie sind, die man Patienten mit einer Hepatitis C-Virusinfektion gibt.

Wie gelingt es, eine chronische Infektion in nur acht bis zwölf Wochen Therapie zu eliminieren?

Das Virus hat offensichtlich keine Möglichkeit, sich irgendwo im Körper zu verstecken, sondern muss sich dauerhaft vermehren. Das Fehlen von solchen Virusreservoirs führt dazu, dass die Viren verschwinden, wenn ich ihre Vermehrung blockiere. Das ist also ganz anders als etwa bei HIV, wo sich das Virus fest in das Erbgut der infizierten Zelle integriert und damit nicht mehr entfernt werden kann. Zudem sind die Hepatitis C-Viruspartikel extrem kurzlebig; sie haben eine Lebensdauer von nur 45 Minuten. Hochgerechnet bedeutet das, dass ein Patient pro Tag ungefähr 1012, also eine Billion Viren produziert und auch eliminiert. Wenn man diese hohe Dynamik mit effizienten Wirkstoffen blockiert, kommt es zu einem sehr schnellen Abfall der Virusmenge im Blut. Innerhalb von 24 Stunden nimmt diese ungefähr um den Faktor 1.000 ab. Wenn das Virus sich langsamer vermehren würde und stabiler wäre, müsste man auch länger therapieren.

Wer infiziert sich mit HCV?

HCV wird mit allem übertragen, was in irgendeiner Form mit Blut zu tun hat. Bluttransfusionen waren in den 1970er- und 80er-Jahren sicherlich der Hauptübertragungsweg. Heutzutage sind vor allem Personen betroffen, die intravenös Drogen konsumieren. Die sexuelle Übertragung spielt im Gegensatz zum Hepatitis B-Virus eine sehr geringe Rolle.

Wird es eine Impfung gegen Hepatitis C geben?

Da sind die Meinungen geteilt. Das eine Lager sagt: Wir brauchen das nicht, weil man alle Patienten mit der Therapie heilen kann. Dann stellt sich aber die Frage: Wie sieht es mit der Verfügbarkeit aus? Wie bringe ich die Therapie an die Patienten? Dafür braucht es eine entsprechende Infrastruktur. Und wie kann ich das Virus aus Hochrisikogruppen eliminieren? Denn eine ausgeheilte Infektion ist kein Schutz vor einer erneuten Infektion. Wenn man alle Infizierten auf diesem Planeten therapieren könnte, würde ich sagen: Ja, damit müsste eigentlich eine Ausrottung gelingen. Das ist aber unrealistisch. Deswegen ist auch eine Impfstoffentwicklung nicht zu vernachlässigen.

Warum ist es so schwierig, einen Impfstoff zu entwickeln?

Zum einen hat das Virus mehrere Strategien, der Immunantwort zu entkommen. Man braucht also einen Impfstoff, der all diese Fluchtstrategien ins Kalkül zieht. Zum anderen gibt es das Problem, wie man eigentlich den Impfstofferfolg messen soll. Es gibt ja kein Tiersystem, das wir mit dem Virus infi zieren können, um den Impferfolg zu messen. Hinzu kommen ökonomische Fragen. Ich denke, auf industrieller Seite ist das Interesse sehr gering, Energie in die Entwicklung eines Impfstoffes zu investieren. Die Therapie funktioniert ja sehr gut.

Das hört sich fast so an, als sei das Hepatitis C-Virus aus ökonomischen Gründen durch. Gibt es noch genug, was Sie an dem Virus interessiert?

Ja, unbedingt. Neben Fragen aus dem Bereich der Grundlagenforschung sind es vor allem Fragen zum Versagen der Immunantwort bei der Hepatitis C-Virusinfektion. Da kommen uns die neuen Therapien sehr entgegen. Beispielsweise können wir nun im Patienten nachforschen, wie das Virus die Immunantwort unterdrückt, denn diese Immunhemmung im Patienten geht verloren, wenn das Virus mit den neuen Therapien eliminiert wird. Wir haben also jetzt die Möglichkeit, die Wiederherstellung einer Immunantwort unter der Therapie zu verfolgen. Aus dieser Sicht ist jetzt genau der falsche Zeitpunkt, mit der Hepatitis C-Virus-Forschung aufzuhören. Wissenschaftlich ist das Thema sicher noch lange nicht durch.

Das Interview führte // Stefanie Seltmann

Zur Person

Ralf Bartenschlager begann seine Forschung am Hepatitis C-Virus bereits als Postdoktorand bei Hoffmann-La Roche in Basel und setzte diese anschließend an der universität Mainz fort. 2002 erhielt er eine Chica und Heinz Schaller Stiftungsprofessur für Molekulare Virologie an der universität Heidelberg. Im universitätsklinikum ist er seitdem Direktor der Abteilung für Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie. Seit 2014 leitet er parallel die Abteilung „Virus-assoziierte Karzinogenese“ am DKFZ und ist Sprecher des dortigen Forschungsschwerpunktes „Infektion, Entzündung und Krebs“. Für seine Forschung erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2016 der Lasker~deBakey Award und in diesem Jahr der Hector Wissenschaftspreis.

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