Lebenslust und Schicksalsschläge: "Club der roten Bänder"
Die Vox-Serie „Club der roten Bänder“ hat ungewöhnliche Helden: Todkranke Jugendliche, die im Krankenhaus zu Freunden werden. Damian Hardung ist einer der Hauptdarsteller. Er spielt Jonas, der unter Knochenkrebs leidet. Mit dem einblick sprach der 17-Jährige über die Herausforderungen dieser Rolle, Normalität im Krankenhaus und sein Interesse an der Medizin.
Interview mit dem Schauspieler Damian Hardung
Großartige Quoten, Grimme- und Fernsehpreis, dazu fast 300.000 Likes auf Facebook: Zuschauer und Kritiker lieben die Serie. Wie hat sich Dein Alltag seit der Ausstrahlung verändert?
Es vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht an den „Club der roten Bänder“ denke. Nachrichten oder Kommentare von Betroffenen erinnern mich daran, wie unglaublich dankbar ich dafür bin, ein Teil von etwas zu sein, das so viel Hoffnung schenkt. Jonas ist inzwischen auch ein Teil von mir geworden, der mich im Alltag begleitet. Wenn ich „Jonas“ auf der Straße höre, drehe ich mich um, als würde jemand „Damian“ rufen. Zurückblickend ist es unglaublich, dass so viele Emotionen und wahnsinnige Momente in ein Jahr gepackt worden sind.
Es gibt zahlreiche Krankenhausserien im Fernsehen. Was macht den „Club der roten Bänder“ besonders?
Wenn mich jemand fragen würde, ob „Club der roten Bänder“ eine Krankenhausserie sei, würde ich das verneinen. Beim Club dreht sich die Geschichte nicht primär um die Ärzte oder um die Behandlungen, sondern um sechs Jugendliche. „Club der roten Bänder“ erzählt über unbändige Lebenslust, selbst im Angesicht schwerer Schicksalsschläge. Dabei drücken die Schicksalsschläge beim Zuschauer nicht auf die Tränendrüse. Sie bieten den Jugendlichen neue Chancen, die sie außerhalb des Krankenhauses niemals gehabt hätten, die sie das Leben intensiver wahrnehmen lässt. Dabei haben wir zu jedem Zeitpunkt den Fokus auf das Positive gelegt, beispielsweise die unglaubliche Freundschaft der sechs untereinander.
Du spielst Jonas, einen Jungen, der schwer krank ist, keine Haare und nur ein Bein hat. Wie schwierig war diese Rolle für Dich?
Natürlich gibt es einfachere Rollen. Meine größte Angst war, den Erkrankten nicht gerecht zu werden, indem ich etwas vorgaukele, das in keiner Weise den Alltag widerspiegelt. Gerade deshalb haben mir die vielen Nachrichten so viel bedeutet, in denen Menschen immer wieder betont haben, dass sie sich mit Jonas identifizieren können. Jonas definiert sich nicht nur über seine Krankheit, sondern über seine Persönlichkeit und seinen Willen, das Leben auszukosten. Das macht ihn für mich so greifbar.
Hast Du von Jonas etwas lernen können?
Von Jonas habe ich gelernt, wie wichtig Normalität ist. Jonas gibt seinem Leben eine Richtung, zum Beispiel mit seiner Schularbeit. Das hält ihn davon ab, sein ganzes Leben vom Krebs abhängig zu machen. Der Tatendrang, ein Ziel zu verfolgen, holt einen aus der Opfer-Rolle der Lebensumstände heraus. Das werde ich nie vergessen.
Die Serie kommt trotz ihrer ungewöhnlichen Helden, die Schwächen haben und zeigen, gerade bei jungen Menschen gut an. Woran liegt das Deiner Ansicht nach?
Schwächen sind sympathisch, weil wir sie alle teilen. Die Mitglieder des Clubs haben die gleichen Probleme wie junge Menschen außerhalb des Krankenhauses. Dabei geht es um Freundschaft, Liebe und Familie. Nur weil sie im Krankenhaus sind, haben sie nicht weniger Liebeskummer als jeder andere Mensch.
Albert Espinosa, auf dessen wahrer Geschichte die Serie beruht, hat Euch am Set besucht. Er sagt, dass in jedem Verlust auch ein Gewinn liegt. Kannst Du das nachvollziehen?
Albert Espinosa ist einer der eindrucksvollsten Menschen, denen ich je begegnet bin. Albert strotzt vor Energie, es ist unglaublich. Man merkte ihm an, wie viel ihm diese Produktion bedeutet. Als er uns besuchte, wollte er uns etwas für ihn sehr Wertvolles zeigen, so sagte er. Voller Stolz streckte er seinen Stumpf in die Luft und erzählte dabei, er hätte sich die Form aussuchen dürfen. Vor der Amputation des Beines hätte der Arzt ihn danach gefragt. Damit hat Albert seinen ganz persönlichen Stumpf. Maßgeschneidert könnte man sagen. Albert hat kein Bein verloren, sondern einen Stumpf dazugewonnen.
Welche Reaktionen hast Du auf Deine Rolle erhalten?
Ich war und bin überwältigt von den Rückmeldungen. Die vielen Briefe und Emails bedeuten mir die Welt. Etwas Schöneres, als den Dank und die Bestätigung, insbesondere auch von Krebspatienten zu hören, dass die Serie Kraft und Hoffnung spendet, kann ich mir nicht vorstellen. Das gibt einem das Gefühl, als Schauspieler etwas Wirkungsvolles leisten zu können.
Du planst, Medizin zu studieren und hast schon einige Praktika in Krankenhäusern gemacht. Was fasziniert Dich am Beruf des Arztes?
Menschen zu helfen, heißt für mich auch, sich selbst zu helfen – weil man etwas tut, das Bedeutung hat. Was gibt es Schöneres, als am Ende des Tages zurückzublicken und zu wissen, dass die erledigte Arbeit einen wirklichen Unterschied im Leben eines Menschen gemacht hat. Ich finde den Beruf des Arztes auch deshalb interessant, weil er die Naturwissenschaften auf angewandter Ebene praktiziert.
Könntest Du Dir auch vorstellen, später als Mediziner am DKFZ zu forschen?
Definitiv! Ich würde mich auch riesig über ein Praktikum dort freuen!
Das Interview führte Frank Bernard