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Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Die Sprache der Zellen

Die Abteilung von Aurelio Teleman erforscht im DKFZ, wie Signale das Wachstum der Zellen steuern. Ihre Erkenntnisse könnten helfen, dem unkontrollierten Treiben von Krebs Einhalt zu gebieten.

Die Atmosphäre ist geschäftig, ein Besucher hält die Wissenschaftler nicht von ihrer Arbeit ab. Auf den Schreibtischen herrscht produktive Unordnung: lose Blätter, Bücher und dazwischen Laptops. Die Situation auf den Laborbänken ist ähnlich; freie Bereiche sind spärlich, es wimmelt nur so von Dingen, deren Nutzen man als Laie bestenfalls erahnt. Junge Frauen und Männer brüten über Texten oder pipettieren Lösungen in kleine Plastikgefäße. „Ein Wissenschaftler leistet nur dann gute Arbeit, wenn er von innen heraus motiviert ist. Zwingen kann ich niemanden – nur ein geeignetes Umfeld bieten“, sagt Aurelio Teleman, Chef der engagierten Truppe. Dass er das erreicht hat, kann man in seiner Abteilung live beobachten.

© DKFZ/Tobias Schwerdt

Teleman leitet die 13-köpfige Forschungsgruppe „Krebs- und Stoffwechselassoziierte Signaltransduktion“ im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern untersucht er, wie Zellen wachsen und wie dieser Prozess gesteuert wird. „Damit eine Zelle an Masse zulegt und sich schließlich teilt, muss sie bestimmte Eiweiße und andere Biomoleküle produzieren“, erklärt er. Spezielle Signale kurbeln das an und stoppen es auch wieder. Bei einer Krebserkrankung geraten eben diese Abläufe außer Kontrolle – schuld daran sind Mutationen im Erbgut. „Versteht man die zellbiologischen Grundlagen, dann kann man das Treiben der Krebszellen womöglich stoppen“, so Teleman.

Der Biologe ist in den USA aufgewachsen und hat an der Harvard University in Cambridge, Boston studiert. Nach seiner Doktorarbeit am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und am Imperial College London war er kurzzeitig als Berater in der Industrie tätig. Doch seine Begeisterung für die Forschung war zu groß; 2002 sattelte er wieder um und kam fünf Jahre später ans DKFZ.

Graben auf unbekanntem Terrain

© DKFZ/Tobias Schwerdt

Wenn er jetzt in seinem Büro sitzt und leidenschaftlich über seine Tätigkeit spricht, merkt man, dass er sich damals richtig entschieden hat. „Egal, wo man sich umschaut in der Biologie, man findet immer etwas Spannendes“. Es sei anders als beim Öl, erklärt er, da müsse man ganz genau wissen, wo man bohrt. „Als Biologe kann man überall graben, es muss nur tief genug sein, und man wird fündig.“ Diese Sichtweise spiegelt sich auch in seiner Gruppe wider: Telemans Mitarbeiter forschen gemäß ihren individuellen Interessen. „Sie müssen dort suchen, wo sie etwas Spannendes vermuten“, meint Teleman. Denn nur dann seien die Mitarbeiter ausreichend motiviert, um am Ende auch erfolgreich zu sein. „Man muss schneller sein als andere, sonst wird die ganze Arbeit möglicherweise nicht belohnt.“ Zeit für sich habe er deshalb kaum, gesteht der Forscher. Wenn er nicht arbeite, verbringe er die Zeit mit Frau und Kindern. Die Wissenschaft erfordert eben vollen Einsatz.

„Wenn man seine Arbeit liebt, dann ist es keine Arbeit“, sagt seine Mitarbeiterin Deniz Senyilmaz und ist damit bereits voll auf einer Linie mit ihrem Vorgesetzten. In Ankara begann sie Molekularbiologie zu studieren und schloss an der Universität Heidelberg ab. Während ihrer anschließenden Doktorarbeit in Telemans Gruppe fand sie einen Mechanismus, der die Mitochondrien steuert. Die ovalen Gebilde gelten als Kraftwerke der Zelle und sind damit maßgeblich am zellulären Stoffwechsel beteiligt. „Wenn die Mitochondrien fehlerhaft arbeiten, können Krankheiten entstehen, darunter auch Krebs“, so Senyilmaz. Für ihre Forschung nutzte sie ein – unter Genetikern sehr beliebtes – etwa vier Millimeter kleines Tier: die Taufliege. Das Erbgut dieses Insekts ist sehr übersichtlich, und Mutationen äußern sich meist durch offensichtliche körperliche Veränderungen.

Senyilmaz untersuchte einen Fliegentyp mit einem speziellen Gendefekt, der die Produktion des Biomoleküls Stearinsäure senkt. „Ich konnte zeigen, dass eine unnatürlich niedrige Konzentration dieser Fettsäure die Arbeitsweise von Mitochondrien stört.“ Es war bereits bekannt, dass die Mitochondrien bei Menschen mit Parkinson nicht mehr richtig arbeiten. Deshalb testete Senyilmaz an Fliegen, die aufgrund einer genetischen Besonderheit als Modell für die Parkinson- Krankheit dienen, ob sich die Tiere nach Gabe von Stearinsäure wieder besser bewegen können. Dazu untersuchte die Molekularbiologin, wie schnell die Tiere in einer dunklen Röhre dem Licht entgegen krabbelten. Und tatsächlich: „Fliegen, die Stearinsäure mit dem Futter bekommen hatten, kletterten nun deutlich schneller.“ Ein Symptom von Parkinson – die eingeschränkte Beweglichkeit – hatte sich gebessert.

Jetzt möchte Senyilmaz herausfinden, ob Stearinsäure beim Menschen Ähnliches bewirkt. Sie holt derzeit Genehmigungen für eine erste Studie mit Freiwilligen ein. „Die Erkenntnisse daraus könnten schließlich zu klinischen Anwendungen führen“. Dass sie dann noch Teil der Gruppe sein wird, ist eher unwahrscheinlich, da es die Forscherin ins Ausland zieht: „Wer in der Wissenschaft erfolgreich sein will, braucht internationale Erfahrung.“

Wachstum kontrollieren

© DKFZ/Tobias Schwerdt

Das sieht ihr Kollege Marcel Tiebe ähnlich. Tiebe arbeitet seit rund fünf Jahren bei Aurelio Teleman und hat hier seine Promotion absolviert. Das Forschungsthema wählte er aus persönlichem Interesse: Tiebe leidet an Typ-1-Diabetes, under wollte mehr darüber herausfinden, wie Insulin im Körper funktioniert. Insulin ist ein Hormon aus der Bauchspeicheldrüse, das Glukose aus dem Blut in die Zellen schleust und sie dadurch mit Energie versorgt. „Ich habe einen Proteinkomplex namens TOR untersucht, der eng mit der Wirkung von Insulin verknüpft ist“, so Tiebe. Beide regulieren den Stoffwechsel und das Wachstum von Gewebe. „Wenn die Zelle ausreichend Energie zur Verfügung hat, ist TOR aktiv, und sie kann weiter wachsen.“ Man wusste bereits, dass TOR in fast allen Tumoren aktiv ist. Entsprechend hatten Forscher versucht, TOR bei Krebspatienten zu blockieren, um zu verhindern, dass sich die entarteten Zellen weiter vermehren – jedoch ohne Erfolg. Tiebe stieß auf eine mögliche Erklärung: „Schaltet man TOR in den Zellen der Fliegen ab, aktiviert das ein bestimmtes Gen. Dieses aktive Gen versetzt die Zellen in einen Energiesparmodus, wodurch sie letztlich widerstandsfähiger werden.“ Jetzt will Tiebe mit Kollegen die Funktion dieses Gens in Mäusen untersuchen, um irgendwann zu verstehen, was es im Menschen bewirkt.

Langer Weg zur Therapie

© DKFZ/Aurelio Teleman

Der Weg ist meist lang, bis aus den Ergebnissen solcher Grundlagenforschung eine konkrete Behandlungsoption wird. Gutes Grundlagenwissen ist für Teleman jedoch eine unverzichtbare Voraussetzung, um eine neue Therapie zu entwickeln: „Für nicht einmal die Hälfte aller menschlichen Proteine kennt man die Funktion. Wüsste man bei einem Auto von jedem zweiten Teil nicht, wozu es taugt, könnte man es unmöglich reparieren.“ Und eigentlich sei es noch schlimmer, da nur etwa drei Prozent des menschlichen Genoms die Bauanleitung für Proteine lieferten und man über den großen Rest nicht viel wisse.

Mit seiner Arbeit trägt Teleman dazu bei, dass sich das ändert – etwa mit einer viel beachteten Veröffentlichung aus dem Jahr 2014. Darin berichtet sein Team über ein Eiweiß namens MCT-1, das häufig in Leukämiezellen vorkommt. Die Forscher hatten erkannt, dass die Zellen mit dem Eiweiß ihr Wachstum kontrollieren. Gerät der Mechanismus außer Kontrolle, kann Krebs entstehen – eine Erkenntnis, auf die zukünftige Krebsmedikamente aufbauen könnten. Im Februar 2016 erhielt Aurelio Teleman eine der höchsten Auszeichnungen für Krebsforscher, den Johann-Georg- Zimmermann-Preis. Doch für den Wissenschaftler zählt in erster Linie etwas anderes: „Am Ende des Tages gehe ich mit dem Gefühl nach Hause, etwas Nützliches vollbracht zu haben – etwas, das die Gesellschaft weiterbringt“, sagt er und sein Blick wandert durch die Glastür zum regen Treiben im Labor.

Text: Janosch Deeg

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