Neue Wirkstoff-Kandidaten aktivieren Immunzellen gegen Krebs
Zwei in der DKFZ-Bayer Forschungsallianz entwickelte vielversprechende Wirkstoff-Kandidaten werden auf dem diesjährigen AACR-Kongress in Orlando einem Fachpublikum vorgestellt. Beide Substanzen sollen ausgebremste Immunzellen aktivieren und so die Immunabwehr gegen Krebs unterstützen. Der jährliche Kongress der American Association for Cancer Research (AACR) gilt als die weltweit wichtigste Tagung der Krebsforschung.
An Gliomen, bösartigen Hirntumoren, hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der von Michael Platten geleiteten Abteilung Hirntumorimmunologie im DKFZ bereits vor einigen Jahren entdeckt, dass Abbauprodukte der Aminosäure Tryptophan den Arylhydrocarbonrezeptor (AHR) aktivieren. Diese Aktivierung hat doppelt fatale Folgen: Zum einen wirkt sie sich direkt auf die Tumorzellen aus und regt Proliferation und Gewebe-Invasion an. Zum anderen ermöglich sie dem Tumor, sich dem Immunsystem zu entziehen. Auch andere Krebsarten, etwa Leukämie und Lymphome, Eierstockkrebs und Lungenkrebs, befeuern den AHR-Signalweg ständig. Das macht den Rezeptor zur vielversprechenden Zielstruktur für neuartige Krebsmedikamente.
In einer strategischen Forschungskooperation zwischen Bayer und Plattens Arbeitsgruppe haben die Wissenschaftler einen selektiven AHR-Inhibitor entwickelt, der als Tablette verabreicht werden kann. Dieser Inhibitor wird nun von Bayer in einer klinischen Studie bei Patienten mit fortgeschrittenen soliden Krebserkrankungen getestet.
Die neue Substanz wirkt doppelt auf das Immunsystem. Auf der einen Seite stimuliert sie die schützenden zytotoxischen T-Zellen und dendritischen Zellen. Auf der anderen Seite blockiert sie die schädliche Funktion von regulatorischen T-Zellen und bestimmten myeloischen Zellen, die die Immunantwort gegen den Krebs unterdrücken. Erste Pharmakokinetik- und Biomarker-Ergebnisse der Phase-I-Studie, die vor allem für die Bestimmung der optimalen Dosis relevant sind, werden bei der AACR-Tagung erstmals einem Fachpublikum vorgestellt.
Ebenfalls um Reaktivierung der ausgebremsten Immunantwort gegen Tumorzellen geht es im zweiten Projekt aus dem DKFZ-Bayer Joint Immunotherapeutics Lab, das in Orlando präsentiert wird. Das Forschungsprojekt wurde von Rienk Offringa, dem Koordinator des DKFZ-Bayer Joint Lab, geleitet. Enzyme aus der Familie der Diacylglycerol-Kinasen (DGK) regulieren intrazelluläre Signalkaskaden, die eine wichtige Rolle für die Funktion von T-Zellen spielen. Wird die Diacylglycerol-Kinase zeta (DGKz) gehemmt, so hebt dies eine Signalblockade auf. Aktivierende Signale, die die Zelle über ihren T-Zell Rezeptor erhält, können dann wieder weitergeleitet werden und die T-Zelle ist zur Tumorabwehr bereit.
DKFZ und Bayer haben gemeinsam eine niedermolekulare Substanz entwickelt, die die DGKz hemmt. Erstmals werden nun auf dem AACR präklinische Daten zu diesem neuen Wirkstoff-Kandidaten berichtet. Darüber hinaus wurde im November letzten Jahres von Bayer eine klinische Studie der Phase I mit der neuen Substanz gestartet.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Bayer AG (Bayer) haben 2013 ihre erfolgreiche strategische Forschungsallianz zur Suche nach neuartigen Krebstherapeutika durch ein gemeinsames Immuntherapie-Labor erweitert. Das Labor ist am DKFZ angesiedelt, und Wissenschaftler aus dem DKFZ und von Bayer arbeiten in gemischten Teams an der Weiterentwicklung neuer Therapieansätze im Bereich der Immunonkologie.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.