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Darmkrebs-Screening: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Nr. 08 | 16.02.2022 | von EM

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) verglichen die Langzeiteffekte der derzeit in Deutschland angebotenen Strategien zur Darmkrebsvorsorge mit möglichen Alternativen. Mithilfe eines Simulationsmodells fanden sie heraus, dass sich das Darmkrebsrisiko zwar mit dem aktuellen Vorsorge-Angebot deutlich senken lässt, es aber ein erhebliches Potenzial gibt, die Vorsorge zu optimieren. So könnten neben Männern auch Frauen stark davon profitieren, wenn das Anspruchsalter für die Vorsorge-Darmspiegelung von 55 auf 50 Jahre herabgesetzt würde. Außerdem könnten ergänzende Vorsorge-Angebote in höherem Alter erheblich dazu beitragen, die Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle zu senken.

© Adobe Stock

Vorsorgeuntersuchungen reduzieren nachweislich das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken oder daran zu versterben. In Deutschland werden derzeit verschiedene Möglichkeiten zur Darmkrebsvorsorge angeboten: die alleinige Verwendung fäkaler immunologischer Stuhltests (FITs), eine Kombination aus FITs und nachfolgender Darmspiegelung (Koloskopie), sowie die alleinige Koloskopie. FITs sind für beide Geschlechter ab dem 50. Lebensjahr verfügbar. Männer haben ab dem Alter von 50 Jahren auch Anspruch auf eine Darmspiegelung, Frauen ab 55 Jahren.

Bisher war jedoch nicht klar, welche der möglichen Vorsorgestrategien – auch mit Blick auf Geschlecht und Alter der betreffenden Personen – langfristig das Risiko für Darmkrebs am stärksten senkt. „Sowohl für Frauen und Männer, die an der Vorsorge interessiert sind, als auch für involvierte Ärzte ist es von großem Interesse zu wissen, welche der Strategien zur Darmkrebsvorsorge über einen längeren Zeitraum die effektivste ist", erklärt der Epidemiologe Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Ein Wissenschaftler-Team um Brenner ging dieser Fragestellung nach und analysierte die Langzeiteffekte verschiedener Vorsorgestrategien anhand eines speziellen Simulationsmodells, das auf Grundlage umfangreicher Daten zur Darmkrebsvorsorge in der deutschen Bevölkerung entwickelt worden war.

Dabei fanden die Epidemiologen heraus, dass das Darmkrebsrisiko besonders stark mit Strategien reduziert werden könnte, die derzeit in Deutschland nicht angeboten werden. Beispielsweise würde eine dritte Vorsorgekoloskopie ab dem Alter von 70 Jahren bei Männern das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, um weitere neun Prozent verringern. Ähnlich starke Effekte zeigen sich bei einer Erweiterung des Angebots um zusätzliche Stuhltests in höherem Alter. Für Frauen wäre ein alternatives Vorsorgeangebot mit drei Koloskopien alle zehn Jahre ab dem Alter von 50 Jahren wirksamer als alle aktuell verfügbaren Angebote.

„Das aktuelle Angebot leistet bereits einen enormen Beitrag zur Krebsprävention und Senkung der Darmkrebsmortalität", so Thomas Heisser, Forscher am DKFZ und Erstautor der aktuellen Studie. „Doch unsere Ergebnisse zeigen, dass noch viel Optimierungspotenzial besteht. Beispielsweise sollten auch Frauen die Vorsorgekoloskopie schon ab 50 Jahren nutzen können. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wäre es außerdem besonders wichtig, zusätzliche Angebote für ältere Menschen zu schaffen, zum Beispiel auf Grundlage immunologischer Stuhltests."

In Deutschland sterben jedes Jahr etwa 25.000 Menschen an Darmkrebs. „Die meisten dieser Todesfälle wären durch die Darmkrebsvorsorge vermeidbar", sagt Brenner. „Deshalb arbeiten wir daran, die Möglichkeiten der potenziell lebensrettenden Früherkennungsuntersuchungen weiter zu optimieren."

Thomas Heisser, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: Model based evaluation of long-term efficacy of existing and alternative colorectal cancer screening offers: A case study for Germany. Int J Cancer 2021. DOI 10.1002/ijc.33894

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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