Fünfzehn neue Risikogene für Brustkrebs entdeckt
Ein internationales Forscherteam hat im menschlichen Erbgut 15 bislang unbekannte Genvarianten identifiziert, die mit einem gesteigerten Brustkrebsrisiko verbunden sind. Die Wissenschaftler, darunter mehrere Arbeitsgruppen aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum, veröffentlichten Ihre Ergebnisse nun in der Zeitschrift „Nature Genetics“.
Die Wissenschaftler fahndeten bei insgesamt 120.000 Brustkrebspatientinnen und nicht erkrankten Frauen nach kleinsten Abweichungen im Erbgut. Sie suchten nach „Tippfehlern“, bei denen ein einzelner Erbgutbaustein gegen einen anderen ausgetauscht ist. In ihrer aktuellen, von Cancer Research UK* geförderten Untersuchung identifizierten die Forscher 15 neue dieser Variationen, die mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko im Zusammenhang stehen.
Insgesamt sind damit nun 90 dieser winzigen Erbgutvariationen (SNPs, single nucleotide polymorphisms) bekannt, die das Brustkrebsrisiko beeinflussen. Diese genetischen Marker erklären zusammengenommen etwa ein Siebtel (16 Prozent) des familiären Brustkrebsrisikos. Das übrige familiäre Risiko lässt sich wahrscheinlich auf eine sehr hohe Zahl an bislang unentdeckten SNPs zurückführen, die jeweils äußerst selten auftreten, so vermuten die Forscher.
Auf der Basis der inzwischen identifizierten genetischen Marker sollen nun Frauen mit einem besonders hohen Brustkrebsrisiko identifiziert werden, denen eine besonders engmaschige Vorsorge angeboten werden könnte.
„Mit diesen Ergebnissen haben wir einen weiteren Beitrag geleistet, das gehäufte Auftreten von Brustkrebs innerhalb betroffener Familien besser zu verstehen. Wenn wir das Risiko besser einschätzen können, dann können wir in Zukunft Früherkennungsmaßnahmen gezielter und effektiver einsetzen“, sagt Prof. Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum, der an der Untersuchung beteiligt war. „Die Ergebnisse tragen außerdem dazu bei, besser zu verstehen, wie Brustkrebs entsteht.“
Die Studie, an der weltweit Forscher aus über 170 Institutionen beteiligt waren, ist Teil einer Forschungskooperation, die das Zusammenspiel von Genen und Umwelt bei der Krebsentstehung untersucht. Jede einzelne Erbgutvariante, die die Forscher entdeckten, steigert für sich genommen das Brustkrebsrisiko nur minimal. Kommen jedoch bei einer Frau zahlreicher dieser ungünstigen Varianten zusammen, so addiert sich der Effekt und steigert signifikant das Risiko. Schätzungsweise tragen etwa fünf Prozent aller Frauen so viele dieser Variationen, dass sich ihr Brustkrebsrisiko verdoppelt.
In Deutschland ist Brustkrebs mit zuletzt (2010) rund 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Etwa eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Aufgrund verbesserter Früherkennungs- und Behandlungsmöglichkeiten versterben trotz gestiegener Erkrankungszahlen heute weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren.
*Cancer Research UK ist eine der weltweit größten Wohltätigkeitsorganisationen, die sich für Krebsforschung engagiert.
Kryiaki Michailidou et al.: Genome-wide association analysis of more than 120,000 individuals identifies 15 new susceptibility loci for breast cancer. Nature Genetics 2015, DOI: 10.1038/ng.3242
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