Auf zwei Standbeinen zum Erfolg – Dr. Verena Becker erhält Systembiologie-Preis für interdisziplinäre Forschung zur Blutbildung
Heute erhält Dr. Verena Becker den MTZ-BioQuant Award für ihre interdisziplinäre Arbeit auf dem Gebiet der Systembiologie. Der Preis richtet sich an hochqualifizierte Nachwuchsforscher am Wissenschaftsstandort Heidelberg.
Verena Becker arbeitet nicht nur gleichzeitig am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und am BioQuant, dem systembiologischen Forschungszentrum der Universität Heidelberg. Auch ihr Spezialgebiet – die Signalwege, die für die Bildung neuer Blutzellen verantwortlich sind – erforscht die studierte Molekularbiologin an zwei Fronten: einerseits im Labor, andererseits am Computer mit Hilfe von mathematischen Modellen. Für die gelungene Kombination von klassischer Biowissenschaft mit dem noch relativ jungen Gebiet der Systembiologie ehrt die Universität Heidelberg nun die Nachwuchsforscherin.
Sinkt der Sauerstoffgehalt des Bluts, etwa infolge einer Blutung oder eines längeren Aufenthaltes in großer Höhe, überschwemmen große Mengen des Hormons Erythropoietin, kurz Epo, das Knochenmark. Epo regt die dort angesiedelten Stammzellen an, vermehrt rote Blutkörperchen zu bilden. Obwohl die Blut-Stammzellen nur relativ wenige Rezeptoren für das Hormon besitzen, reagieren sie angemessen auf den Anstieg der Epo-Konzentration und liefern genügend rote Blutkörperchen nach. Wie die blutbildenden Zellen das bewerkstelligen, haben Verena Becker und Ihre Kollegen im Deutschen Krebsforschungszentrum in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg untersucht.
Die Forscher kombinierten Daten aus dem Labor mit mathematischen Modellen und konnten so zeigen: Wenn das Hormon Epo an seinen Rezeptor auf der Oberfläche der Blut-Stammzelle bindet, wandern beide Moleküle schnell ins Zellinnere. Die Zelle ersetzt die verbrauchten Rezeptoren umgehend und bestückt ihre Zelloberfläche sehr rasch mit „frischen“ Rezeptormolekülen. Nur dank dieses Hochgeschwindigkeits-Durchsatzes der Rezeptoren ist die Zelle in der Lage, auf weitere Epo-Moleküle zu reagieren, und kann ausreichend neue rote Blutkörperchen bilden. Die Forschungsresultate können zu einer Verbesserung der Behandlung von Blutarmut beitragen und erschienen bereits im Sommer 2010 in der Fachzeitschrift „Science“.
Mit dem MTZ-BioQuant Award zeichnet die Universität Heidelberg jährlich junge Forscher aus, die auf dem interdisziplinären Feld der Systembiologie arbeiten und dem Forschungsnetzwerk BioQuant angehören. Die MTZ-Stiftung stellt den mit 2500 Euro dotierten Preis zur Verfügung. Verena Becker nutzt dieses Preisgeld für einen Umzug in die USA: Anfang nächsten Jahres wird sie ihre wissenschaftliche Arbeit an der Harvard Medical School in Boston fortsetzen.
BioQuant (Center for Quantitative Analysis of Molecular and Cellular Biosystems) ist ein Forschungszentrum der Universität Heidelberg und wurde 2007 gegründet. Es widmet sich der Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Systembiologie. Zurzeit gehören etwa 40 Forschungsgruppen aus verschiedenen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zum BioQuant-Netzwerk.
Die Preisverleihung findet heute am 9. Dezember 2010 um 15 Uhr im BioQuant, Ute Greenier-Saal (7. Obergeschoss), statt und ist öffentlich.
Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter:
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2010/images/Becker.jpg
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
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