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Multiplizierte Risiken für zweiten Brustkrebs

Nr. 05 | 01.02.2007 | von (Koh)

Brustkrebspatientinnen, deren direkte Angehörige (Mutter oder Schwester) ebenfalls von der Krankheit betroffen sind, haben ein besonders hohes Risiko, an einem zweiten, unabhängig entstandenen Brustkrebs zu erkranken. Epidemiologen aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum errechneten diesen Zusammenhang anhand von Daten des schwedischen Familienkrebsregisters.

Grundlage für die Berechnung von Professor Dr. Kari Hemminki und Kollegen aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum waren 102.176 schwedische Frauen, bei denen zwischen 1970 und 2002 Brustkrebs diagnostiziert wurde. Als Referenzwert wählten die Wissenschaftler das Risiko von Frauen ohne familiäre Belastung und ohne zweite Brustkrebserkrankung. Deren Brustkrebsrisiko wurde mit dem relativen Wert 1 beziffert. Verglichen mit dieser Gruppe ist das Risiko von Brustkrebspatientinnen mit familiärer Belastung (Mutter oder Schwester an Brustkrebs erkrankt) um den Faktor 1,76 erhöht. Das Risiko, an einem zweiten Mammakarzinom zu erkranken, liegt bei Brustkrebspatientinnen ohne familiäre Belastung bei 3,4. "Wären die Ursachen für die erste und für die zweite Brustkrebserkrankung dieselben, dann wären beide Risiken gleich hoch. Das sind sie aber nicht". sagt Hemminki, der im Deutschen Krebsforschungszentrum die Abteilung Molekulargenetische Epidemiologie leitet. "Das Risiko für das zweite Karzinom ist deutlich höher und kann auch nicht durch Gründe erklärt werden, die mit der Behandlung der ersten Erkrankung in Verbindung stehen."

Betrachteten die Wissenschaftler dagegen Brustkrebspatientinnen mit familiärer Belastung, so fanden sie ein noch höheres Risiko von 5,48für ein zweites Auftreten eines Mammakarzinoms. Dieser empirisch ermittelte Wert spricht stark dafür, dass sich die Auswirkungen der beiden unabhängigen Risikofaktoren "familiäre Belastung" sowie "erste Brustkrebserkrankung" multiplizieren, nicht addieren. "Die genetische Beratung von Brustkrebspatientinnen sollte diese Daten auf jeden Fall berücksichtigen, besonders bei Frauen mit familiärer Belastung ist das Risiko für einen Zweittumor in der Brust sehr hoch", rät Hemminki. "Wir gehen davon aus, dass das tatsächliche Risiko noch deutlich höher liegt: Unsere Untersuchung erfasst nur Zweittumoren in der anderen, noch nicht betroffenen Brust. Dazu müssen aber noch die Zweittumoren addiert werden, die in der bereits erkrankten Brust auftreten. Dazu fehlt uns aber präzises Zahlenmaterial."

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung, so vermuten die Forscher, sprechen dafür, dass familiärer Brustkrebs und das Zweitauftreten von Brustkrebs unterschiedliche Ursachen haben. "Wir halten es nach jetzigem Wissensstand für wahrscheinlich, das im ersten Fall genetische Ursachen zugrunde liegen, im zweiten Fall dagegen epigenetische." Unter epigenetischen Faktoren wird meist die Bindung von Methylgruppen an bestimmte Bausteine der Gene verstanden. "Epigenetische Veränderungen, die nach der ersten Brustkrebsdiagnose auftreten, könnten betroffene Frauen besonders für die Entwicklung eines zweiten Mammakarzinoms prädisponieren, ihre Verwandten dagegen hätten kein erhöhtes Risiko. Unser nächster Schritt wird sein, den Methylierungsstatus in Tumorgewebeproben zu untersuchen, um diesen Zusammenhang zu belegen."

Kari Hemminki, Jianguang Ji und Asta Försti: Risks for Familial and Contralateral Breast Cancer Interact Multiplicatively and Cause a High Risk. Cancer Research, 1. Februar 2007

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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