Tumorspezifische Gedächtnis-T-Zellen im Knochenmark entdeckt
Dass das Knochenmark von Krebspatienten Immunzellen enthält, die in der Lage sind, den Tumor zu attackieren, beschreiben Prof. Volker Schirrmacher, Leiter der Abteilung Zelluläre Immunologie, und seine Mitarbeiter erstmals in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Nature Medicine*.
Die Wissenschaftler entdeckten im Knochenmark der Mehrheit der untersuchten 84 Brustkrebspatientinnen Gedächtnis-T-Zellen, die gegen so genannte Tumorantigene – spezielle Eiweißmoleküle auf der Oberfläche von Tumorzellen – gerichtet sind. Gedächtnis-T-Zellen stellen eine besonders wirkungsvolle Waffe der Immunabwehr dar, da sie jahrelang im Körper überdauern und bei erneutem Kontakt mit "ihrem" Antigen eine besonders schnell einsetzende und schlagkräftige Immunantwort auslösen können.
Untersuchungen im Reagenzglas zeigten, dass die Gedächtnis-T-Zellen aus dem Knochenmark beim Kontakt mit Tumorantigenen zu zytotoxischen Zellen aktiviert werden, die fähig sind, entartete Zellen zu eliminieren. In einem nächsten Schritt untersuchten die Immunologen, ob diese aktivierten Gedächtnis-Zellen im lebenden Organismus das Tumorwachstum aufhalten können. Dazu verpflanzten sie Gewebestückchen von Tumoren frisch operierter Patientinnen in Mäuse mit einem defekten Immunsystem. Die Tiere wurden anschließend mit patienteneigenen aktivierten Gedächtnis-Zellen aus dem Knochenmark behandelt. Nach drei Wochen waren in den behandelten Tieren keine Tumorzellen mehr nachweisbar, während sie sich in den unbehandelten Kontrollen vermehrt hatten. Dagegen konnten aktivierte Gedächtnis-Zellen aus dem Blut der Patientinnen Tumorzellen nicht eliminieren.
Bisher hatten sich Ansätze zur zellulären Immuntherapie von Krebs hauptsächlich darauf konzentriert, Immunzellen aus dem Blut zu übertragen. Mit der Entdeckung tumorspezifischer Gedächtnis-T-Zellen im Knochenmark hoffen die Wissenschaftler, in Zukunft wirksamere immunologische Krebstherapien entwickeln zu können.
*Markus Feuerer, Philipp Beckhove, Lianhua Bai, Erich-Franz Solomayer, Gunther Bastert, Ingo J. Diel, Claudia Pedain, Michael Oberniedermayr, Volker Schirrmacher und Victor Umansky. Therapy of human tumors in NOD/SCID mice with patient-derived reactivated memory T cells from bone marrow. Nature Medicine, Band 7, Nr. 4, Seite 452-458, April 2001
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