Bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs wird heute häufig im Abstrichmaterial vom Muttermund nach dem Erbgut krebserregender humaner Papillomviren (HPV) gesucht. Eine anhaltende Infektion mit diesen Viren kann zur bösartigen Veränderung von Zellen der Muttermundschleimhaut und damit zu Krebs führen. Die meisten HPV-Infektionen heilen jedoch folgenlos ab.
Wird die DNA krebserregender Viren gefunden, muss der Verdacht weiter abgeklärt werden. Dazu wird die Patientin erneut untersucht und gegebenenfalls eine Gewebeprobe entnommen. In den meisten Fällen kann bei der zweiten Untersuchung der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung entkräftet werden. „Das heißt aber, dass viele Frauen unnötigerweise eine Folgeuntersuchung und Gewebeentnahme über sich ergehen lassen müssen. Ganz abgesehen von den damit verbundenen Risiken ängstigen sich die Betroffenen unnötig“, sagt Professor Lutz Gissmann aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Wissenschaftler seiner Abteilung suchten daher nach einer Methode, um direkt im Zellmaterial des Krebsvorsorge-Abstrichs erkennen zu können, ob tatsächlich eine bösartige Veränderung vorliegt.
Die DKFZ-Forscher erkannten, dass die Menge bestimmter Gen-Abschriften („RNA-Transkripte“) der Papillomviren in infizierten Zellen ein sicherer Indikator dafür ist, ob eine Gewebeveränderung am Muttermund bösartig ist. Gemeinsam mit Forschern der Firma Roche Molecular Systems in Pleasanton, Kalifornien, soll diese Analysetechnik nun zu einem diagnostischen Test weiterentwickelt werden. Dazu vereinbarten das Deutsche Krebsforschungszentrum und Roche eine dreijährige wissenschaftliche Kooperation. „Unsere Forscher zählen zu den weltweit führenden HPV-Experten – Roche hat die Kompetenz, ein solches Laborverfahren zu einem Test weiter zu entwickeln, der im Labor routinemäßig eingesetzt werden kann“, sagt Dr. Ruth Herzog, die das Büro für Technologietransfer des Deutschen Krebsforschungszentrums leitet. Die Forscher aus Heidelberg und Kalifornien gehen davon aus, dass mit dem neuen Untersuchungsverfahren vielen Frauen unnötige diagnostische Maßnahmen erspart werden können.
Chronische Infektionen mit bestimmten humanen Papillomviren sind die Hauptursache für die Entstehung von bösartigem Gebärmutterhalskrebs. Weltweit gelten über 99 Prozent aller Fälle dieser Erkrankung als HPV-verursacht. Von den mehr als 140 verschiedenen HPV-Typen gelten heute 13 bis 16 als Hochrisikofaktoren für die Entstehung von Krebsvorstufen und Gebärmutterhalskrebs. Allein HPV 16 und 18 werden in 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs entdeckt. Der Test auf HPV-DNA ist eine nicht-invasive Methode, um eine Infektion mit den krebserregenden Viren nachzuweisen.
Über das DKFZ
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
- Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
- Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
- Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
- Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
- DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
- Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.