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Raster-Fahndung im Genom

Wird bald ein Blutstropfen aus der Fingerspitze eines Patienten ausreichen, um in der Hausarztpraxis innerhalb weniger Minuten Erbgutveränderungen nachzuweisen? Eine neue Generation molekulargenetischer Analysemethoden, die DNS-Chiptech-nologie, wird nach Meinung von Experten in naher Zukunft weite Bereiche der medizinischen Diagnostik beeinflussen und damit auch schneller und präziser zu individuell angepaßten Therapieansätzen führen.

Wissenschaftler der Abteilung “Funktionelle Genomanalyse“ unter der Leitung von Dr. Jörg Hoheisel stellen auf dem Informationsstand des Deutschen Krebsforschungszentrums auf dem Berliner Krebskongress neue Entwicklungen im Bereich der Tumordiagnostik vor. In Zusammenarbeit mit Professor Ethel-Michele de Villiers, Leiterin der Abteilung Tumorvirus-Charakterisierung, entwickeln sie einen DNS-Chip zur Fahndung nach “Hoch-Risiko-Typen“ des humanen Papillomvirus (HPV). Diese Virus-Typen werden ursächlich mit der Entstehung bösartiger Tumoren des Gebärmutterhalses in Verbindung gebracht. Mit einem entsprechenden HPV-DNS-Chip könnten Ärzte das Erbgut von Zellen aus dem Gebärmutterhals-Abstrich routinemäßig auf die Anwesenheit verdächtiger Erreger überprüfen. Bei betroffenen Frauen lassen sich durch besonders engmaschige Früherkennungs-Untersuchungen Zellveränderungen rechtzeitig erkennen und behandeln.

Im Verlauf der Umwandlung einer normalen Zelle zur Tumorzelle treten Aktivitätsänderungen in bis zu zehn Prozent ihrer Gene auf. Speziell entworfene DNS-Chips sollen in Zukunft mit einer einzigen Untersuchung solche Veränderungen der Krebszellen aufzeigen, die Bedeutung für den weiteren Verlauf der Erkrankung haben. Voraussetzung für diese Art der Tumor-Typisierung ist die genaue Kenntnis der charakteristischen Genomveränderungen eines Karzinoms. Die Molekularbiologen des Krebsforschungszentrums arbeiten an der Entwicklung eines Chips zur Diagnose von Tumoren des Magen-Darm-Trakts: Zusammen mit Medizinern des Ulmer Universitätsklinikums untersuchen sie Gewebeproben von Tumoren auf typische Veränderungen des Erbguts. Ist das Profil von Genomveränderungen eines Tumors einmal erstellt, so kann mit diesem Wissen ein spezifischer DNS-Chip entwickelt werden.

24. Kongress der Deutschen Krebsgesellschaft, 20. bis 23. März 2000, Internationales Congresszentrum (ICC), Berlin, Brückenfoyer, Stand Nr. B6

Über das DKFZ

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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