Der Trend ist eindeutig: Eisschilde und Gletscher verlieren weltweit an Masse, und das in Rekordtempo. “Jedes Jahr schrumpfen allein die Eispanzer in der Antarktis und in Grönland um rund 500 Kubikkilometer. Das entspricht einer 600 Meter dicken Eisschicht über dem gesamten Stadtgebiet von Hamburg“, erklärt Angelika Humbert. Dass dies nicht ohne Auswirkungen auf den Meeresspiegel bleiben wird, steht für die Forscher zweifelfrei fest.
Gletscher sind ständig in Bewegung. Forscher haben beobachtet, dass die Gletscher in den Randregionen Grönlands und der Antarktis ihr Fließtempo deutlich erhöht haben. Etwa an der Westküste Grönlands von fünf bis sechs Kilometern pro Jahr in den 1990er Jahren auf nahezu 16 Kilometer im Jahr 2012. Außerdem verlieren die Eisschilde an der Oberfläche aufgrund des erhöhten Schmelzwasserabflusses deutlich an Masse.
Angelika Humbert will bestimmen, wie sich die Masse der Eisschilde in Zukunft entwickeln wird. Dafür untersucht sie unter anderem, wie sich der Untergrund unter den Eisschichten – sei es Fels oder Sediment – auf die Eismassen auswirkt. Ebenfalls erforscht sie mit ihren Mitarbeitern die Situation an der Aufsatzlinie, also der Linie, an der das antarktische Inlandeis in auf dem Meerwasser schwimmendes Schelfeis übergeht. Die Wissenschaftler nutzen dazu Daten des Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als auch selbst erstellte Computermodelle sowie Messungen von Wind, Temperatur und Meeresströmungen vor Ort. Die Wissenschaftlerin ist davon überzeugt, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels nur durch die Kombination verschiedener Ansätze exakt vorhersagen lassen wird.
Angelika Humbert ist Professorin am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, wo sie seit 2014 die Sektion Glaziologie leitet. Bereits während ihrer Promotion entwickelte die Physikerin Simulationsmodelle, die die Fließgeschwindigkeit von Eisschelfen in der Antarktis beschreiben. Für die Untersuchung der komplexen Dynamik von Gletschern und Eisschilden setzt die 45-Jährige auf interdisziplinäre Ansätze, die Feldstudien, Modellierungsverfahren, mechanische Grundlagen und Fernerkundungen miteinander verbinden.
Zum Vortrag sind auch Journalisten besonders herzlich eingeladen.
Fotos aus den Polarregionen und von der Referentin stehen zur Verfügung unter:
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