Gleich vier Wissenschaftlerteams am Deutschen Krebsforschungszentrum beginnen derzeit viel versprechende Forschungsprojekte, mit denen sie die Therapiemöglichkeiten bei Leukämie und verwandten Blutkrankheiten verbessern wollen. Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e. V. unterstützt diese Forschungsarbeiten, die jeweils zwei bzw. drei Jahre dauern werden, mit insgesamt rund 900 000 Euro. Die Wissenschaftler der vier Gruppen verfolgen dabei ganz unterschiedliche Forschungsansätze.
Warum steigt bei Lymphomen die Erkrankungs- und Sterberate unvermindert an - anders als bei der Mehrzahl der übrigen Krebsarten? Dieser bislang ungeklärten Frage gehen Dr. Alexandra Nieters und Kollegen von der Abteilung für Klinische Epidemiologie nach. In einer multizentrischen Studie haben sie 3 000 Patienten befragt, die an einer bösartigen Erkrankung des lymphatischen Systems leiden, und Informationen über ihren Lebensstil und zur medizinischen Vorgeschichte wie Erkrankungen in der Kindheit, Allergien etc. zusammengetragen. Außerdem sammelten sie Blutproben der Betroffenen und beginnen nun mit einer Reihe von Untersuchungen zu genetischen Risikofaktoren. Die Auswertung dieser Daten soll Klarheit darüber bringen, inwieweit ein Zusammenwirken von genetischen Faktoren und Umweltfaktoren das individuelle Lymphom-Risiko beeinflusst.
Mit den Ursachen für die Akute Myeloische Leukämie (AML) beschäftigt sich die Forschergruppe um Dr. Adelheid Cerwenka in Zusammenarbeit mit Dr. Elisabeth Suri-Payer. Beim gesunden Menschen werden entartete Zellen vom körpereigenen Immunsystem durch so genannte „natürliche Killerzellen“ abgetötet. Es gibt Hinweise darauf, dass bei Patienten, die an Akuter Myeloischer Leukämie erkranken, genau dieser Abwehrmechanismus gegen die Leukämiezellen gestört ist. Das Forscherteam will herausfinden, wodurch die Killerzellen in ihrer Funktion gehemmt werden. Wenn das gelingt, so hoffen die Wissenschaftler, könnten Methoden entwickelt werden, diese „Immun-Bremse“ speziell bei den Killerzellen zu entfernen und damit die Heilungschancen zu erhöhen.
Auch die Wissenschaftler um Dr. Ingrid Hoffmann von der Arbeitsgruppe für Zellzykluskontrolle und Carcinogenese forschen über die Entstehung der Akuten Myeloischen Leukämie. Sie nimmt das Enzym Plk2 unter die Lupe, das bei der Zellteilung die Verteilung der Centrosomen (Bestandteile des Zellteilungsapparates) auf die Tochterzellen steuert. Tumorzellen weisen eine abnorme Zahl von Centrosomen auf, wodurch es bei der Teilung zu einer fehlerhaften Trennung der Chromosomen kommt. Die unkontrollierte Vermehrung der mutierten Zellen kann eine Akute Myeloische Leukämie auslösen. Erkenntnisse darüber, wie das Enzym Plk2 die Verdoppelung der Centrosomen steuert, könnten zur Entwicklung von effektiven Therapieformen beitragen, die das Entstehen der Leukämie bereits im Frühstadium bekämpfen.
Die Entstehung der weniger aggressiv verlaufenden Chronischen Lymphatischen Leukämie (CLL) ist Forschungsgegenstand der Arbeitsgruppe um Professor Peter Lichter, Leiter der Abteilung Molekulare Genetik. Nachdem die Forscher bereits einen funktionalen Zusammenhang zwischen dem Fehlen eines Gens im Bereich des Chromosoms 13 und dem Auftreten der Erkrankung aufzeigen konnten, soll nun die Funktionsweise weiterer Gene in diesem Chromosom untersucht werden. Ziel ist es, damit neue Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Allein in Deutschland erkranken jährlich über 24 000 Menschen an Leukämie und verwandten Blutkrankheiten, bei Kindern sind Leukämie und Lymphome die häufigsten Krebsarten. Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e.V. finanziert mit Spendengeldern Projekte zur Leukämiebekämpfung, insbesondere im Bereich der Forschung und im Ausbau von Kliniken. Allein 2003 konnte sie dafür rund 13 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Weitere Informationen über die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e. V. gibt es unter www.carreras-stiftung.de
Über das DKFZ
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
- Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
- Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
- Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
- Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
- DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
- Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.