Nr. 23

Neue Aufgabe für einen alten Bekannten

Das Medikament Suramin brachte in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts den Durchbruch im Kampf gegen die Schlafkrankheit. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums zeigten nun, dass die Substanz auch gegen akutes Leberversagen wirksam ist.

Dr. Sören Eichhorst, Dr. Andreas Krueger und Kollegen aus der Abteilung von Professor Peter Krammer beschreiben in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature Medicine* einen vielversprechenden neuen Einsatzbereich für das altbewährte Medikament. Sie entdeckten, dass Suramin in Leberzellen den programmierten Zelltod, Apoptose, hemmt. Dieser Effekt ist leberspezifisch: In Zellen anderer Gewebe fördert die Substanz sogar teilweise den Zelltod.

Akutes fulminantes Leberversagen kann als Folge von Medikamenten- oder Pilzvergiftungen oder von Infektionen mit dem Hepaptitis-B-Virus auftreten. Dabei geht der Großteil der Leberzellen durch Apoptose zugrunde, ein Vorgang, gegen den es bislang keine medikamentöse Therapie gibt. Die Wissenschaftler zeigten nun, dass Mäuse, bei denen Leberversagen experimentell ausgelöst wurde, nach sofortiger Suramin-Gabe deutlich länger überlebten als unbehandelte Artgenossen.

Auch beim Menschen verläuft ein akutes Leberversagen in der Mehrzahl der Fälle tödlich. Klinische Prüfungen sollen nun zeigen, ob die Schutzwirkung von Suramin die Überlebenschancen der Betroffenen verbessern kann.

Mit dem Medikament, das bereits 1916 von der Farbenfabrik Bayer AG entwickelt und unter dem Namen Germanin auf den Markt gebracht wurde, verfügten die Mediziner erstmals über ein wirksames Mittel gegen die Schlafkrankheit, die in weiten Teilen Afrikas mit verheerenden Epidemien grassierte. Später wurde Suramin erfolgreich gegen die Flussblindheit, eine verbreitete tropische Wurmerkrankung, eingesetzt und wurde gegen das Aids-Virus erprobt. Heute wird die Substanz als Therapeutikum bei verschiedenen Tumorerkrankungen getestet.

*Suramin inhibits death receptor induced apoptosis in vitro and fulminant apoptotic liver damage in mice. Sören T. Eichhorst, Andreas Krueger, Susanne Müerköster, Stefanie C. Fas, Alexander Golks, Uwe Gruetzner, Louise Schuber, Christine Opelz, Manfred Bilzer, Alexander L. Gerbes and Peter H. Krammer Nature Medicine Juni 2004

Über das DKFZ

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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