Methylierungsbasierte Techniken gelten als Durchbruch für die molekulare Tumorklassifikation, insbesondere bei Tumoren des Zentralen Nervensystems (ZNS). Sie beruhen auf der Auswertung bestimmter DNA-Anhängsel, so genannter DNA-Methylierungen. Je nach Tumorunterart bilden diese Methylierungen Muster, die Rückschlüsse auf den Zelltyp erlauben, aus dem die Tumoren hervorgehen. Deshalb eignen sie sich auch zur Erkennung und präzisen Einteilung von Tumoren in Klassen. Das neue Verfahren bietet damit eine wertvolle Ergänzung zu herkömmlichen Klassifizierungsverfahren, die auf einer mehr als hundert Jahre alten optischen Gewebeuntersuchungsmethode beruhen.
Zwei Forscherteams aus Heidelberg und Toronto konnten die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der methylierungsbasierten Diagnostik erstmals vor rund fünf Jahren an vier Typen von Medulloblastomen nachweisen, einer der häufigsten Hirntumorarten bei Kindern. Die HEIRECA – Heidelberger Revolution in der Klassifizierung von Hirntumoren begann. Seither kooperiert die Heidelberger Gruppe um Stefan Pfister, David Jones und Andreas von Deimling weltweit mit Wissenschaftler-Teams, um die Methode für andere ZNS-Tumorarten und zuletzt auch für bestimmte Knochenkrebsarten (Sarkome) zu etablieren.
„Die immensen Fortschritte in der molekularbiologischen Analyse und modernste bioinformatische Ansätze zur Datenverarbeitung, sogenannte ‚Machine-learning'-Verfahren, geben uns heute ganz neue Möglichkeiten zur Klassifikation von Tumoren“, erklärt Pfister, KiTZ Direktor, Leiter der DKFZ Abteilung Pädiatrische Neuroonkologie und Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg. Felix Sahm, Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg und Forscher in der Klinischen Kooperationseinheit Neuropathologie am DKFZ (Leitung: von Deimling), ergänzt: „Inzwischen können wir mit Hilfe von Methylierungsmustern oft eine viel genauere Einordnung des Tumors vornehmen als das mit den gängigen histologischen Methoden möglich ist. Manchmal entdecken wir auch ganz neue, bisher unbekannte Tumor-Untergruppen.“
Die methylierungsbasierte Klassifizierung von ZNS-Tumoren trägt heute dazu bei, dass Pathologen in einem ganz erheblichen Anteil der Fälle genauere Diagnosen stellen und auf dieser Grundlage eine bessere Therapie für die Betroffenen wählen können. Den Patienten können damit wirkungslose und meist nebenwirkungsreiche Therapien erspart bleiben. Einige Patienten profitieren dadurch möglicherweise von neueren Therapieansätzen, die eine bessere Wirkung erwarten lassen.
Acta Neuropathologica (2018) August 2018, Volume 136, Issue 2. HEIRECA! The HEIdelberg REvolution of CAncer classification and what it means for neurooncology and neuropathology. link.springer.com/article/10.1007/s00401-018-1889-9