Die Zelle nutzt diesen Weg, Gene in einen Dornröschenschlaf zu versetzen und bei Bedarf wieder aufzuwecken, für viele Regulationsvorgänge. Wie die Methylgruppen angeheftet werden, ist bereits bekannt. Der umgekehrte Prozess jedoch, die Demethylierung, war bislang noch nicht aufgeklärt. Wissenschaftler aus den Abteilungen von Professor Dr. Christof Niehrs und Professor Dr. Frank Lyko im Deutschen Krebsforschungszentrum konnten nun das Protein Gadd45a als entscheidenden Akteur bei der Demethylierung identifizieren. Gadd45a ist ein alter Bekannter, der an vielen zellulären Prozessen beteiligt ist.
In einer Reihe von Experimenten zeigten die Forscher, dass eine Steigerung der Gadd45a-Menge in der Zelle stillgelegte Gene aus ihrem Dornröschenschlaf weckt. Kontrollversuche ergaben, dass den so reaktivierten Genen tatsächlich keine Methylgruppen mehr anhaften. Wird Gadd45a dagegen gezielt ausgeschaltet, ist Übermethylierung vieler DNA-Bereiche die Folge. Weiterhin demonstrierten die Wissenschaftler, dass Gadd45a beim Entfernen der Methylreste mit Enzymen zusammenarbeitet, die an der Erbgut-Reparatur beteiligt sind. Die Daten von Niehrs und Lyko lassen vermuten, dass Gadd45a dafür sorgt, dass Schneideenzyme der DNA-Reparaturkolonne die methylierten DNA-Bereiche entfernen, die dann durch unmethylierte Bausteine wieder ersetzt werden.
“Die Bedeutung, die Gadd45a für die Krebsentstehung hat, zeigt sich an Mäusen, denen dieses Protein fehlt“, erläutern Niehrs und Lyko. “Die Tiere leiden besonders häufig an bösartigen Tumoren. Das können wir nun sinnvoll interpretieren: Bei diesen Tieren bedingt der Gadd45a-Ausfall eine übermäßige Methylierung der Tumorsuppressor-Gene, so dass viele der natürlichen Tumorbremsen versagen. Gadd45a könnte daher auch ein interessanter Angriffspunkt für die klinische Onkologie werden.“
Gadd45a promotes epigenetic gene activation by repair mediated DNA demethylation. Guillermo Barreto, Andrea Schäfer, Joachim Marhold, Dirk Stach, Suresh K. Swaminathan, Vikas Handa, Gabi Döderlein, Nicole Maltry, Wei Fu, Frank Lyko und Christof Niehrs Nature 2007, DOI: 10.1038/nature05515
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