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Pflanzenschädling liefert Wirkstoff gegen das Neuroblastom

Nr. 03 | 16.01.2008 | von (MF/Koh)

Neuroblastome, Tumoren des Nervensystems bei Kindern, lassen sich mit Medikamenten nur schlecht behandeln. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum suchen deshalb nach geeigneten Wirkstoffen, auf deren Basis sie bessere Medikamente entwickeln können. Mit dem HC-Toxin, das aus einem getreideschädigenden Pilz isoliert wird, haben sie jetzt einen Kandidaten gefunden: Die Substanz aus dem Mais-Schädling programmiert Neuroblastomzellen um, so dass sie sich beinahe wieder wie gesunde Zellen verhalten.

Normalerweise sorgt der Pilz Helminthosporium carbonum bei Maisbauern für Ernteausfälle. Ein einzelner Inhaltsstoff des Schädlings dagegen, das HC-Toxin, könnte der Medizin großen Nutzen bringen. Die Substanz dient Wissenschaftlern als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines neuen Krebsmedikaments. HC-Toxin wirkt auf die sogenannten Histondeacetylasen (HDACs), Enzyme, die die Verpackung des Erbguts strukturieren. HDAC-Enzyme verändern unter anderem die Histone, Proteine, um die das Erbgut herumgewickelt ist. Veränderungen in der Verpackung des Erbguts stehen im Verdacht, Krebs auszulösen oder dessen Ausbreitung zu fördern. Deshalb prüfen Wissenschaftler Substanzen, die die HDAC-Enzyme blockieren, auf ihre Wirkung gegen bösartige Tumoren.

Eine solche Substanz ist auch das HC-Toxin, das jetzt von Forschern der Klinischen Kooperationseinheit Pädiatrische Onkologie im Deutschen Krebsforschungszentrum untersucht wurde. Sie fanden heraus, dass Neuroblastomzellen unter dem Einfluss des Wirkstoffs einige ihrer krebstypischen Eigenschaften verlieren: Sie teilen sich seltener, zeigen weniger invasives Wachstum und ähneln auch äußerlich wieder gesunden Nervenzellen. Diese Effekte waren stärker ausgeprägt als bei anderen bereits untersuchten HDAC-Hemmern.

Die Wirkung von HC-Toxin beruht vermutlich unter anderem darauf, dass es die Funktion einer wichtigen zellulären Krebsbremse, die des sogenannten RB-Signalweges, fördert. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Krebsbremse in den Tumorzellen nach Behandlung mit HC-Toxin deutlich aktiver war als in unbehandelten Zellen. In weiteren Untersuchungen wollen sie überprüfen, ob sich die Substanz aus dem Maisschädling für die Entwicklung eines neuen Medikaments gegen das Neuroblastom eignet.

Das Neuroblastom ist die zweithäufigste bösartige Krebserkrankung bei Kindern. Jährlich gibt es in Deutschland durchschnittlich 150 neue Fälle, damit machen Neuroblastome etwa sieben bis acht Prozent aller Krebserkrankungen im Kindesalter aus. Die meisten betroffenen Kinder sind noch im Vorschulalter, ein Drittel erkrankt bereits im ersten Lebensjahr. Obwohl die Therapie in den vergangenen Jahren verbessert werden konnte, sind die Heilungschancen im fortgeschrittenen Stadium nach wie vor gering. Die verwendeten Medikamente verursachen zudem oft schwere Nebenwirkungen.

Hedwig E. Deubzer, Volker Ehemann, Frank Westermann, Ralf Heinrich, Gunhild Mechtersheimer, Andreas E. Kulozik, Manfred Schwab, Olaf Witt. Histone deacetylase inhibitor Helminthosporium carbonum (HC)-toxin suppresses the malignant phenotype of neuroblastoma cells. International Journal of Cancer, DOI: 10.1002/ijc23295

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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