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Neuer Mechanismus bei der Entstehung von schwerer Erbkrankheit gefunden

Nr. 55 | 20.08.2007 | von (Koh)

Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums weisen nach, dass sich der Gendefekt, der Ursache des Cockayne-Syndroms ist, auf eine der zentralen Funktionen der Zelle auswirkt - die Transkription der Gene für ribosomale RNA.

Das rezessiv vererbte Cockayne-Syndrom wird einer Gruppe von Erkrankungen zugerechnet, bei denen Defekte in einem der zahlreichen Reparatursysteme der DNA zu funktionsunfähigen Proteinen und damit zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Zu diesen Leiden zählt etwa auch Xeroderma pigmentosum oder eine Form des erblichen Darmkrebses.

Beim sehr seltenen Cockayne-Syndrom sind die Symptome jedoch besonders schwerwiegend: Zwergwuchs, geistige Behinderung, Hör- und Sehschäden gehören dazu, die Betroffenen haben einen charakteristisch geformten kleinen Kopf, sie altern und sterben früher. Das Ausmaß dieser Defekte gab Anlass zu der Vermutung, dass der gestörte DNA-Reparaturmechanismus nicht allein für all diese Beeinträchtigungen verantwortlich sein könne.

Kennzeichnend für das Cockayne-Syndrom ist ein Defekt im Protein CSB, das die Hauptkomponente eines der DNA-Reparatursysteme ist. Forschungsergebnisse aus mehreren Arbeitsgruppen gaben bereits Hinweise darauf, dass CSB darüber hinaus an der Transkription, also dem Umschreiben der DNA in RNA, beteiligt ist - der genaue Mechanismus war jedoch nicht bekannt.

In jeder Zelle sind verschiedene RNA-Typen für spezifische Aufgaben zuständig. So ist die so genannte rRNA ein wesentlicher Bestandteil der Ribosomen, der Eiweißfabriken der Zelle. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum unter der Leitung von Professor Dr. Ingrid Grummt zeigten nun, dass CSB eine entscheidende Rolle bei der Produktion dieser rRNA-Moleküle spielt.

Grundlegende Voraussetzung für das Übersetzen der DNA in RNA ist, dass die Gene, die normalerweise dicht verpackt im Chromosom vorliegen, zugänglich sind. Nur dann kann das Enzym RNA-Polymerase seine Aufgabe wahrnehmen und gemäß der Vorgabe des DNA-Codes neue RNA-Moleküle synthetisieren. Hier kommt CSB ins Spiel: Es bildet einen Adapter zwischen Polymerase und dem Protein G9a, das wie ein Eisbrecher wirkt: Es schafft der Polymerase gezielt Zugang zu bestimmten Regionen des Erbguts, indem es das Proteingerüst des Chromosoms chemisch modifiziert.

Ohne funktionsfähiges CSB kommt die Bindung von Polymerase I und G9a nicht zustande, und die Gene für die rRNAs bleiben für die Polymerase unerreichbar. Der Mangel an rRNAs führt letztendlich zum Stillstand der Proteinsynthese in der Zelle - der dramatischsten aller denkbaren Folgen für den Organismus. Diese neu entdeckte Funktion von CSB erklärt, warum ein Defekt dieses Enzyms solch tiefgreifende Folgen für den Organismus hat.

Xuejun Yuan, Weiijun Feng, Axel Imhof, Ingrid Grummt und Yonggang Zhou: Activation of RNA polymerase I transcription by Cockayne Syndrome group B (CSB) protein and histone methyltransferase G9a. Molecular Cell, 19. August 2007

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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