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Von wo aus agieren Tyrosinkinasen?

Leukämieprojekt der Carreras-Stiftung untersucht, an welcher Stelle in der Zelle defekte Kontrollschalter sitzen

Nr. 86 | 12.10.2006 | von (And)

Charakteristisch für die Chronische Myeloische Leukämie (CML) und weitere Krebsformen des blutbildenden Systems ist, dass sich in den Zellen abnormale Fusionsproteine anhäufen, die aus zwei Teilen mit unterschiedlicher Funktion bestehen. Eine dieser Funktionen ist bereits bekannt: Es handelt sich um Tyrosinkinasen, zentrale Schalter, die andere Proteine aktivieren oder stilllegen können. Inwiefern der zweite Teil des chimären Proteins die Krebsentstehung fördert, will nun Professor Alwin Krämer, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Hämatologie/Onkologie im Deutschen Krebsforschungszentrum, herausfinden. Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e. V., die sich für die Bekämpfung von Leukämie und anderen Bluterkrankungen einsetzt, fördert dieses Projekt mit 153.700 Euro.

Ursache für die Entstehung von Fusionsproteinen sind Chromosomenveränderungen, so genannte Translokationen, bei denen es zum Austausch von größeren Erbgutabschnitten zwischen zwei verschiedenen (nicht homologen) Chromosomen kommt. Durch die Neukombination der genetischen Bauanleitung entsteht ein Produkt mit einer neuen Funktion. Am bekanntesten ist das mit der CML assoziierte Philadelphia-Chromosom, das durch eine Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 entsteht. Mittlerweile kennt man eine ganze Reihe ähnlicher Translokationen, die zur Entartung von Knochenmarkzellen führen. Auffällig ist, dass es sich bei den Fusionspartnern der Tyrosinkinasen häufig um zentrosomale Proteine handelt. Das Zentrosom ist ein "Organ" der Zelle, das während der Zellteilung für den Aufbau des Spindelapparates und damit für die korrekte Verteilung der Chromosomen auf die Tochterzellen und die genetische Stabilität von Zellen verantwortlich ist.

Neueren Erkenntnissen zufolge dienen die Zentrosomen dabei quasi als "Hauptquartier" für die Führungsriege der Zelle, also die Proteine, die maßgeblich die Teilung und das Wachstum regulieren. Bekommen diese Kontrollinstanzen fälschlicherweise von den Tyrosinkinasen den "Marschbefehl", kann dies fatale Folgen haben: Die Zellen beginnen sich unkontrolliert zu teilen. Krämer und sein wissenschaftliches Team haben verschiedene gentechnisch veränderte Zelllinien entwickelt, mit denen sich überprüfen lässt, ob die Tyrosinkinasen am Zentrosom vor Ort sein müssen, um ihr Start- bzw. Stoppsignal weiterzugeben. Möglicherweise reicht es auch, wenn Tyrosinkinasen "aus der Ferne" ihre Anweisungen geben und auf diese Weise die Krebsentstehung fördern. Ziel des geplanten Projekts ist es außerdem, herauszufinden, wie sich Hemmstoffe der Tyrosinkinasen wie das Medikament Imatinib auf den Entartungsprozess auswirken.
Die Studie läuft über einen Zeitraum von drei Jahren. Mit ersten Ergebnissen ist etwa 2008 zu rechnen.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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