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GENOMICS AND CANCER 2006 - Kongressbericht II:

Auf der Spur der Metastasen

Nr. 75 | 14.09.2006 | von (Koh)

Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum testen unbekannte Genprodukte systematisch auf krebsrelevante Eigenschaften und stoßen dabei auf ein Protein, das als Metastasen-Bremse wirkt. Forscher der Universität Utrecht identifizieren ein Muster von Genaktivitäten, das anzeigt, ob Tumoren des Mund- und Rachenraums bereits Krebszellen in die Lymphknoten abgesiedelt haben

Die Entschlüsselung des Humangenoms hat unzählige Gene zu Tage gefördert, die für Proteine kodieren, deren Aufgabe und Funktion in der Zelle völlig im Dunkeln liege. Privatdozent Dr. Stefan Wiemann, Abteilung Molekulare Genomanalyse im Deutschen Krebsforschungszentrum, berichtet von der Entwicklung systematischer Testreihen, mit denen die unbekannten Proteine im großen Maßstab auf ihre zelluläre Funktion geprüft werden. Diese Tests analysieren in erster Linie Eigenschaften, die mit der Krebsentstehung und -ausbreitung in Verbindung stehen. Dazu gehören etwa die DNA-Verdopplung, Wechselwirkungen mit Regulationsmolekülen des programmierten Zelltods oder die Fähigkeit, in benachbarte Gewebe vorzudringen. Die Heidelberger Wissenschaftler stellen die Daten aus diesen Untersuchungsreihen in einer Internetdatenbank (http://www.LIFEdb.de) Kollegen in aller Welt zur Verfügung. Das Ziel der Rasterfahndung ist, Proteine zu identifizieren, die eine Schlüsselrolle im Krankheitsgeschehen spielen und damit als Angriffsziel für neue Therapien oder als Marker für die Diagnose verwendet werden können.

Bei der Suche ging Wiemann und seinem Team unter anderem Vmp1 ins Netz: Das Protein ist an der Ausbildung von Zell-Zell-Kontakten beteiligt. Über solche Kontaktstellen sind Zellen normalerweise fest im Gewebeverbund verankert. Wird die Vmp1-Produktion zurückgefahren, löst sich die Zelle aus ihrem Verbund und kann so die Invasion in benachbarte Gewebe starten. Wie die Wissenschaftler erwarteten, ist die Vmp1-Produktion in verschiedenen Krebszelllinien deutlich gedrosselt. Aus diesem Grund bezeichnet Wiemann Vmp1 als Gegenspieler der Metastasierung. Er erwartet, über eine genaue Analyse der Vmp1-Funktion den kompexen Vorgang der Metastasierung besser zu verstehen.

Von Metastasen, den Absiedlungen des Primärtumors im Körper, geht bei den meisten Krebserkrankungen die größte Gefahr aus. Bei Tumoren im Kopf/Hals-Bereich geht der Entwicklung von Metastasen im Körper in den meisten Fällen das Einnisten von Krebszellen in die regionalen Lymphknoten voran. In der komplexen Anatomie dieses Körperbereichs ist Ärzten das Aufspüren der kleinen Tumornester nahezu unmöglich. Professor Dr. Frank Holstege, Universität Utrecht, Niederlande, hat mit seiner Arbeitsgruppe eine Methode entwickelt, um bei Mundhöhlenkarzinomen anhand der Genaktivität von Zellen des Primärtumors das Vorhandensein von Lymphknotenabsiedelungen nachzuweisen. Holstege fand heraus, dass sich das Muster der Genaktivität metastasierender und nicht-metastasierender Tumoren in typischer Weise unterscheidet.

Die Aussagekraft dieser Gensignatur wird derzeit in einer klinischen Studie an einer großen Zahl von Tumorgewebeproben überprüft, abschließende Ergebnisse sind erst in rund zwei Jahren zu erwarten. Erste Evaluierungen haben keinerlei falsch-positive Resultate ergeben - unabdingbare Voraussetzung für die Sicherheit der Patienten. Sollte sich die Analysemethode im Praxistest bewähren, könnte sie in Zukunft vielen Patienten die unnötige und belastende operative Entfernung der Lymphknoten im Halsbereich ersparen.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum veranstaltet die Tagung "GENOMICS AND CANCER 2006" in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Genomforschungsnetz (NGFN), einer Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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